W&V: Zwei neue Landmagazine:Die Landluft wird dünner

Mit zwei neuen Heften mischt Burda das Segment der Landmagazine auf. Noch thront Auflagenkönig "Landlust" weiter über der Konkurrenz. Aber der Kampf am Kiosk wird härter.

Thomas Nötting

Die vierteljährliche Veröffentlichung der Auflagenzahlen gerät beim Landwirtschaftsverlag Münster stets zum Feiertag. So auch die für das zweite Quartal. Da durchbrach das Magazin Landlust die Schallmauer von über 700.000 verkauften Heften. Die westfälische Cashcow zählt inzwischen zu den 20 bestverkauften deutschen Zeitschriften - noch vor Kiosk-Klassikern wie Brigitte und Bunte.

Landlust und Mitbewerber

Burdas "Mein schönes Land" ist einer der Titel auf den Spuren von "Landlust".

(Foto: online.sdemedien)

Der Höhenflug des Auflagenwunders scheint ungebrochen, doch die Luft wird dünner. Immer mehr Konkurrenten wollen ein Stück vom lukrativen Landkuchen und schicken eigene Magazine ins Rennen. Die größte Attacke startete im März Verlagsriese Hubert Burda Media. Die Erstausgabe von dessen Neuling Mein schönes Land verkaufte sich 165.000 Mal. "Wir haben auf Anhieb Platz zwei hinter dem Marktführer erreicht", frohlockt Burda-Living.net-Marketingchef Malte Schwerdtfeger. "Damit sind wir sehr zufrieden."

Doch hat sich der Verlag den Erfolg mit hohen Druck- und Vertriebskosten wohl teuer erkauft. Die Startauflage lag bei 400.000 Heften, die Remissionsquote war entsprechend hoch. "Burda wird draufzahlen", sagt ein Vertriebsmanager.

Den nächsten Landjäger mit dem Titel Meine Landküche schickt der Offenburger Großverlag diese Woche an die Front. Im Stil des Schwesterblatts hat Burda ein Rezepte- und Reiseheft zusammengerührt. Wie Mein schönes Land kommt es zunächst als Test auf den Markt und soll bei Erfolg zweimonatlich erscheinen. Der Erfolg von Landlust fordert Burda wie keinen anderen Verlag heraus. Das Magazin hat sich auf einem Feld breitgemacht, das der Verlagskonzern seit Jahrzehnten mit Heften wie Mein schöner Garten, Wohnen & Garten oder Meine Familie und ich erfolgreich beackert.

Burda soll deshalb dem Landwirtschaftsverlag einst ein Kaufangebot für seinen Bestseller gemacht haben, was beide Seiten allerdings nicht bestätigen. Von allen Landlust-Epigonen weist die Titeloptik der Burda-Blätter die größte Ähnlichkeit zum Münsteraner Original auf. Burda-Manager Schwerdtfeger weist den Vorwurf der Kopie jedoch zurück. "Wir verfolgen einen eigenen Ansatz und bauen dabei auf unsere große Expertise im Gartensegment."

Immer mehr Verlage beackern den Markt

Inzwischen gibt es rund zehn Zeitschriften, die vom ländlichen Trend profitieren wollen. Die Nummer zwei im Segment ist mit rund 160.000 verkauften Exemplaren bislang die Zeitschrift Landidee, die die WAZ-Tochter Gong im August 2009 zusammen mit der Münchner Verlagsgruppe Geranova-Bruckmann auf den Markt brachte.

Hinzu kommen Liebes Land aus dem Hannes-Scholten-Verlag (rund 80.000 Hefte) und der bislang noch unregelmäßig erscheinende Titel Landleben des Münchner IPM-Verlags (rund 25.000 Exemplare). Der schwedische Verlag LRF buhlt seit Juni mit einer deutschen Version seiner Zeitschrift Landliv um Leser (W&V 23/10). Und mit Axel Springer hat ein weiterer Großverlag das Genre im Visier. Dessen Bild-der-Frau-Ableger Landpartie erschien bislang einmal.

Alle Titel konnten den Höhenflug des Originals nicht bremsen. Im Gegenteil: Das Segment gedeiht, wächst und liegt inzwischen bei deutlich über einer Million verkauften Heften. Mit der Burda-Offensive mehren sich allerdings Anzeichen für einen Wandel zum Verdrängungswettbewerb. Grossozahlen, die W&V vorliegen, zeigen in der Einführungsphase von Mein schönes Land einen leichten Rückgang der Landlust-Kioskverkäufe. Burdas Landküche-Ableger dürfte ein Vorbote für weitere Spezial-Hefte mit bäuerlichem Touch sein. Auch die WAZ-Gruppe denkt über Sonderhefte ihrer Landidee nach.

"Burda ist mit hohem Druck in den Markt gekommen", bestätigt Landwirtschaftsverlags-Geschäftsführer Karl-Heinz Bonny. "Davon haben wir allerdings bei unserer Auflagenentwicklung noch nichts gespürt." Eine "Konterstrategie" gegen die Klone hält er nicht für nötig. "Der große Zuspruch unserer Leser spricht für sich."

Auch bei den Nachbarn: Eine Schweizer Ausgabe ist zusammen mit Ringier in Arbeit. Dabei hatte wohl auch Landlust selbst ein Vorbild. So soll sich der Landwirtschaftsverlag beim Start 2005 auch vom niederländischen Erfolgstitel Landleven inspirieren haben lassen. Das Heft, das seit 2004 bei Reed Business erscheint, hat im Nachbarland seit 1997 einen ähnlichen Siegeszug wie Landlust hingelegt.

"Wir müssen jetzt von der Plagiatdiskussion wegkommen", meint Gong-Manager Claus-Dieter Grabner. "Es ist nun eine neue Gattung entstanden. Die Entwicklung unterscheidet sich nicht von anderen Segmenten. Da war auch einer zuerst da, und andere sind nachgezogen."

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