Süddeutsche Zeitung

W&V: Deutsche TV-Formate im Ausland:Raab und Co - beliebte Exportschlager

Einheimische TV-Produktionen sind auf dem internationalen Markt gefragt. Und es werden längst nicht nur Klassiker exportiert.

Sigrid Eck

Lange galt Derrick als Ausnahme. Die Krimiserie war über Jahre hinweg eines der wenigen Erfolgsmodelle "made in Germany". Fernsehprogramme aus der alten Bundesrepublik stießen außerhalb der Grenzen auf geringes Interesse.

Heute ist die Ausnahme die Regel. Die Nachfrage nach deutschen Serien, Filmen und Shows wie Schlag den Raab wächst und wächst. Es ist längst ein Millionengeschäft. Die ausländischen Senderverantwortlichen schätzen den hohen Produktionsstandard.

Außerdem steigt der Bedarf an leichter Kost: Immer mehr TV-Stationen in Osteuropa, Afrika und Asien müssen ihre Programmschienen bestücken. Zu den Verkaufsschlagern zählt beispielsweise die technisch neu aufbereitete Version von Sisi. Die Münchner Beta Film verkaufte den Königs-Klassiker bislang in 73 Länder.

Eine "große Nachfrage nach fiktionalen Inhalten, insbesondere langlaufenden Serien" registriert der Münchner Filmhändler Telepool. Kein Wunder: Die Dauerbrenner binden den Zuschauer zuverlässig an einen Sender. Und die großen Player lassen sich den Klebstoff gut bezahlen.

Bei Telepool gehören die RTL-Sendungen Alarm für Cobra 11, Alles was zählt und Doctor's Diary zu den Rennern, Dominik Grafs Zehnteiler Im Angesicht des Verbrechens (ARD) ist ebenfalls hitverdächtig.

Von dem Appetit auf Serienware profitiert auch die Münchner Bavaria, die Sturm der Liebe produziert. Ihr Vertrieb German United Distributors verkaufte die Serie in über 20 Länder.

Generell könne man sagen, dass das Genre Action derzeit besonders gut nachgefragt sei, bilanziert Telepool-Chef Thomas Weymar. Darüber hinaus stünden qualitativ hochwertige Event-Filme wie Die Jagd nach dem Schatz der Nibelungen, Mogadishu oder Der Vulkan hoch im Kurs.

Seit kurzem fragen selbst die Amerikaner nach. "Der US-Markt ist offener für ausländische Produktionen geworden", stellt Jens Richter fest, Geschäftsführer von SevenOne International.

Innerhalb einer Woche konnte sein Team den Verkauf der Sat.1-Serie Danni Lowinski an den Sender CBS vermelden sowie einen Deal mit ABC. Das Network erwarb die Spieleshow You deserve it.

Die Idee stammt von Dick de Rijk in Zusammenarbeit mit der Red Arrow Entertainment Group, einer Tochter der Pro-Sieben-Sat.1-Gruppe. In der Show treten die Kandidaten für jemanden an, der den Gewinn verdient hat.

Mit You deserve it hat Red Arrow nicht nur einen Verkauf getätigt, sondern gleichzeitig ein neues Geschäftsmodell gestartet. Das vor genau einem Jahr gegründete Tochterunternehmen beteiligt sich direkt an der Produktion oder geht eine Partnerschaft mit dem Produzenten ein. Dazu zählen unter anderem Producers at Work, Magic Flight Film, Sultan Sushi Belgien und Kinetic Content.

Ziel ist es, Produktionen weltweit zu verkaufen. "Wir suchen keine teure Firma mit Vergangenheit", sagt Jan Frouman, Chef von Red Arrow. Wichtiger als ein großer Name sei, dass die Chemie stimme.

Vergangene Woche gründete Red Arrow in Großbritannien eine Holding-Gesellschaft. Frouman: "Es gibt Länder, in denen muss man einfach vertreten sein." Trotz aller Euphorie: Der Wettbewerb wird zunehmend härter.

"Die Nachfrage nach außergewöhnlichen Dramen, nach einer außergewöhnlichen Gameshow steigen", weiß SevenOne-International-Manager Richter. "Aber Programme, die nur 'nice to have' sind, laufen immer schwieriger."

Nein, "nice" war Derrick nie.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1054955
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
W&V 05/2011/tiq
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.