Süddeutsche Zeitung

Stadtzeitungen:"New York ist zurück, die 'Voice' ist zurück"

Wie ein Symbol für die Wiedergeburt der Stadt nach der Pandemie: "The Village Voice" erscheint wieder als gedruckte Ausgabe.

Von Andrian Kreye

Die Vorläuferin der alternativen Presse Village Voice erscheint wieder in einer gedruckten Ausgabe. Die letzte gab es im September 2017. Das mag für die Medienbranche nur eine nostalgische Fußnote sein. Für die Stadt New York ist der Anblick der hochformatigen Stadtzeitung mit dem blau-weißen Logo ein Lichtblick für die Rückkehr der Stadt aus der Starre der Pandemie.

Der Schriftsteller Norman Mailer hatte das Blatt 1955 mit drei Journalisten gegründet. Die Redaktion arbeitete in einer Zweizimmerwohnung im Bohemeviertel Greenwich Village. Das Gratiswochenblatt berichtete über all die Dinge, die etablierte Medien ausließen. Über Subkulturen, Nachtleben, Bürgerrechtskämpfe und die in New York so mächtige wie korrupte Immobilienindustrie. Donald Trump war schon in jungen Jahren ein immer wiederkehrender Bösewicht. Schriftsteller wie Ezra Pound, Henry Miller, Katherine Anne Porter, James Baldwin und Colson Whitehead schrieben Texte.

Die neue Ausgabe hält der alten Linie die Treue. Es gibt Texte über den Stand der Bürgermeisterwahl, eine Geschichte über New Yorks schlimmste Vermieter, und Michael Musto, die große Diva des Klatschjournalismus, kehrt mit Oscar-Tipps zur Voice zurück (Film des Jahres wird seiner Meinung nach Nomadland werden, beste Schauspielerin Carey Mulligan, bester Schauspieler Chadwick Boseman). Der neue Besitzer Brian Calle, dem auch die LA Weekly gehört, will die Village Voice gedruckt vorerst alle drei Monate, dann jeden Monat veröffentlichen. Die Webseite ist allerdings wieder recht lebendig, bringt Berichte, Kommentare und Archivtexte zu aktuellen Ereignissen. "Es ergibt alles Sinn", sagt Michael Musto. "New York ist zurück, die Voice ist zurück, ich bin zurück."

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