Süddeutsche Zeitung

Videoplattform:Letzte Wette

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Generationengespräch: In einer neuen Sendung auf Youtube redet Frank Elstner mit Jan Böhmermann höchst unterhaltsam über junges und altes Fernsehen.

Von Theresa Hein

Gleich zu Beginn ein Vorwurf vom Gastgeber, einer, der sitzt, bevor der Gast es sich bequem gemacht hat: "Sie haben mich ja mal beerdigt", sagt Frank Elstner in seiner neuen Youtube-Sendung Wetten, das war's..? zu Jan Böhmermann und spielt damit auf eine Comedy-Sendung aus dem Jahr 2014 an, in der Böhmermann Elstners Beerdigung inszenierte. Mit diesem Einstieg macht Elstner klar, worum es jetzt eine Stunde lang gehen soll. Um Jung und Alt und um etwas, dass sie beide maßgeblich geprägt haben: das Fernsehen.

Frank Elstner, der in der Zeit gerade seine Parkinson-Erkrankung öffentlich gemacht hat, ist für das deutsche Fernsehen in etwa das, was Alexander Graham Bell für die Telefonie war: der Erfinder eines Produkts, das so branchen- und generationenprägend ist, dass es jedes Kind kannte. Er hatte die Idee zu Wetten, dass..?, der Sendung, die Thomas Gottschalk, nachdem er sie von Elstner übernommen hatte, zum kaugummizähen, aber unverzichtbaren Jour fixe im Familienkalender machte.

Jetzt hat Elstner sich für seine "Abschiedstournee" - das Wort fällt häufiger in der Sendung - den Satiriker Jan Böhmermann eingeladen, und das stellt sich schnell als gute Entscheidung heraus. Was ein melancholischer, ermüdender Vergleich zwischen dem Fernsehen früher und dem Fernsehen heute sein könnte, wird (obwohl die gegenseitige Beweihräucherung zunächst etwas nervt) zur Generationenverständigung.

Die beiden sprechen über Michael Jackson, #MeToo und Kunst. Sie sprechen darüber, dass Jan Böhmermann sich vorstellen könne, eine Art reformiertes Wetten, dass..? zu moderieren. Und, weil es sein muss, sprechen sie natürlich auch über Böhmermanns Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten aus dem Jahr 2016. Elstner will wissen, ob Böhmermann von "Frau Merkel" enttäuscht war. Irgendetwas Persönliches wird doch endlich mal aus ihm rauszuholen sein.

Böhmermann aber verweigert sich konsequent der persönlichen Ebene, auf die Elstner hinauswill, und betont den Graben zwischen sich selbst und der Bühnenfigur. Ganz nebenbei lässt er dann fallen, dass die Pointe zum Schmähgedicht erst noch kommen soll ("- wenn das alles so läuft, wie wir uns das vorstellen"). Elstner lässt seinen Gast sich so selbst darstellen, wie er eben will. Er nimmt sich selbst so weit zurück, dass Böhmermann gar nicht anders kann, als ihm entgegenzukommen, und am Ende weiß man nicht ganz, was diese Sendung eigentlich ist. Ein Abschiedsangebot an Fans von Frank Elstner, von dem man manchmal nicht genau sagen kann, ob er nickt, weil er Böhmermann zustimmt, oder weil der Parkinson ihn zittern lässt. Oder eine Sendung, die funktioniert, weil Elstner sich Gäste einlädt, die er selbst spannend findet. Das ist nicht nur klug, sondern auch wirklich sehr unterhaltsam. Es gelingt, weil Frank Elstner etwas perfektioniert hat, was die wenigsten Menschen auf Fernsehbühnen können. Er hört zu, wartet auch mal ab, er weiß, dass seine Sendung immer nur so groß ist, wie der Raum, den er seinem Gast gibt.

Wenn Frank Elstner geht, dann geht er orchestriert, das weiß man nach der Sendung. Man ertappt sich im Anschluss bei der Frage, ob er die Wette, die er seiner neuen Sendung als Motto überschrieben hat, Wetten, das war's..?, nicht doch verlieren könnte. Er bleibt der ewige Elstner, dem immer etwas Neues einfällt, dem es sogar mit 77 Jahren noch gelingt, eine fast altersunabhängig unterhaltende Sendung zu schaffen.

Wetten, das war's..? , auf Youtube.

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Quelle:
SZ vom 26.04.2019
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