Verletzung von Persönlichkeitsrechten im Internet:Viele Klagen

Immer wieder muss sich Google mit Klagen gegen solche Wortkombinationen auseinandersetzen. In Japan, Frankreich und Italien gab es Urteile gegen die Autocomplete-Funktion. Spektakulär war ein Fall in Paris. Vier französische Menschenrechtsorganisationen hatten Google des "latenten Antisemitismus" bezichtigt, weil bei der Suche nach Prominenten wie dem französischen Präsidenten "Hollande" in dem Suchfeld als erste Ergänzungsmöglichkeit "juif" auftauchte - Jude.

Ein Anwalt von SOS Racisme sah darin die Gefahr, dass antisemitische Ressentiments geschürt würden. Google lehnte jede "ideologische Verantwortung" ab und berief sich auf Mathematik. Am Ende wurde ein Vergleich geschlossen. 2009 musste Google-Frankreich den Algorithmus im Fall eines Energiekonzerns ändern, weil die Suchvervollständigung hinter den Firmennamen des Energieanbieters Direct Energie das Wort "Nepp" gesetzt hatte. Ein Japaner konnte sich erfolgreich dagegen wehren, dass durch Autocomplete sein Name mit Verbrechen in Verbindung gebracht wurde, die er nicht begangen hatte.

Nach eigenen Angaben hat Google in Deutschland bisher fünf Verfahren wegen der Autocomplete-Funktion gewonnen. Bei der 24. Zivilkammer in Hamburg, wo auch der Wulff-Fall landete, soll Ende September der Fall des ehemaligen Präsidenten des Weltmotorsportverbandes FIA, Max Mosley, verhandelt werden. Mosley will erreichen, dass alle intimen Fotos einer Sexparty, an der er vor etlichen Jahren teilnahm, aus dem Netz verschwinden. Ein kleiner Unterschied zum Fall Wulff: Die Bilder verletzen Mosleys Intimität und seine Persönlichkeitsrechte, aber sie sind echt; die Gerüchte im Fall Wulff sind unwahr.

Gelöscht - und schon wieder da

Mosleys Anwälte mühen sich weltweit, die intimen Bilder zu löschen, aber oft sind die Betreiber der Webseiten nicht ausfindig zu machen. Und wenn Bilder nach erfolgreichen Klagen vor Gericht endlich gelöscht werden, tauchen sie oft anderswo wieder auf. Mosley, der in Deutschland von der Hamburger Anwältin Tanja Irion vertreten wird, hat Zeit und Geld für den Kampf gegen den Weltkonzern. Hat Bettina Wulff das auch?

Ihr Anwalt Lehr weist darauf hin, dass viele der rechtlich Verantwortlich nicht aufzufinden sind oder in Deutschland nicht belangt werden können. Die meisten der "massiven Ehrverletzungen" würden im Ausland ins Internet gestellt. Zehn Beiträge in Sachen Bettina Wulff hat der Konzern bislang nach Beanstandungen der Anwälte Wulffs aus der Ergebnisliste der deutschen Websuche unter www.google.de entfernt. Mehr als fünfzig Beiträge wollten Bettina Wulffs Anwälte löschen lassen und diese fünfzig waren eigentlich erst der Anfang.

Wer sich, wie Bettina Wulff, gegen digitales Unrecht wehrt, wird in der Hardcore-Szene der Internetgemeinde verspottet. Auf Twitter wurde am Wochenende über die Frau gejuxt, die nicht verstanden habe, wie das Internet so beschaffen sei.

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