BDZV:Rücktritt ohne Reue

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Springer-CEO Mathias Döpfner ist seit 2016 Verlegerpräsident, 2020 war er wiedergewählt worden. (Foto: Fabian Sommer/picture alliance/dpa)

Springer-Vorstand Mathias Döpfner tritt nach Skandalen im eigenen Haus als Verlegerpräsident zurück. Mit einer interessanten Begründung.

Von Anna Ernst

Mathias Döpfner will seinen Posten als Verlegerpräsident abgeben. Am Dienstag kündigte er an, im Herbst zurückzutreten. Regulär würde Döpfners Amtszeit als Präsident des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) bis 2024 andauern. Aus moralischer Sicht kommt sein Rücktritt spät.

Im vergangenen Jahr war Döpfner, der als versierter Netzwerker gilt, stark in die Kritik geraten. Zwei internationale Recherchen beleuchteten seine Rolle im Fall des ehemaligen Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt, den er auch nach Bekanntwerden von Machtmissbrauch und Affären lange Zeit protegiert hatte. Die Londoner Financial Times kam zu dem Schluss, der 59-Jährige habe aktiv versucht, den Machtmissbrauch von Reichelt zu vertuschen und einen Anwalt damit beauftragt, Betroffene auszuforschen. Das bestätigen Unterlagen, die der SZ vorliegen.

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Die New York Times hatte zuvor bereits eine Nachricht von Döpfner an Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre veröffentlicht: Über den später geschassten Bild-Chefredakteur schrieb Döpfner darin, er sei "der letzte und einzige Journalist in Deutschland", der noch mutig "gegen den neuen DDR-Obrigkeitsstaat" aufbegehre, "fast alle anderen sind zu Propaganda-Assistenten geworden".

Döpfners Mitteilung geht mit keinem Wort auf die Kritik ein

Der Geschäftsführer des Axel-Springer-Verlags bekleidet das Amt als oberster Lobbyist der deutschen Zeitungsverleger bereits seit 2016, 2020 war er wiedergewählt worden. Sein offensichtlich fehlgeleitetes Verständnis von Journalismus und sein Umgang mit den Frauen, die unter Reichelt zu leiden hatten, führten zu eher zurückhaltender Kritik im Verband.

Madsacks Geschäftsführer Thomas Düffert wollte nicht an Döpfners Seite weitermachen und trat von seinem Ehrenamt als Vize-Präsident zurück. In einem Erklärungsschreiben deutete er einen Vertrauensverlust an. Die Funke-Mediengruppe von Verlegerin Julia Becker forderte kurz darauf sehr deutlich Döpfners Rücktritt. Nach internen Querelen erklärte sie Anfang März ihren Austritt aus dem BDZV zum Jahresende. Das war's aber auch schon, die meisten Verleger hielten sich bedeckt, einige ließen sich bei den entscheidenden Sitzungen zum Thema entschuldigen.

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Döpfner selbst aber äußerte sich monatelang nicht zu der Kritik an seiner Person. Auch in der Pressemitteilung, die der BDZV nun herausgegeben hat, geht Döpfner mit keinem Wort auf die Kritik ein - das Wort Rücktritt wird vermieden. Im Gegenteil, seine Begründung klingt eher triumphal.

Er werde sein Amt "ab Herbst in geordneter Weise in neue Hände, vorzugsweise auch in neue Strukturen übergeben", schreiben Döpfner und der BDZV. Dafür gebe es "zwei zentrale Gründe": Einerseits müsse Döpfner als Springer-Vorstand nach dem Zukauf des US-Mediums Politico künftig häufiger in die USA reisen, ihm fehle Zeit für die Verbandsarbeit. Andererseits brauche es künftig "eine Person beziehungsweise Konstellation an der Spitze, die nicht für ein großes, internationales und sehr digitales Verlagshaus stehe", damit auch stärker "die Interessen kleinerer und mittelgroßer, regionaler und lokaler Verlage" vertreten würden, teilt der BDZV mit. Es seien "andere Strukturen mit mehr Repräsentanz der kleinen und mittleren Verlage notwendig", erklärt Döpfner der Verbandsmitteilung zufolge. Das klingt ein bisschen, als sei er über den Job hinausgewachsen. Er sei "sehr dankbar für die Unterstützung und Ermutigung, die er in den letzten Monaten und Wochen von den allermeisten Mitgliedern erfahren habe".

Funke strukturiert den Verband jetzt mit um - obwohl der Austritt bereits besiegelt ist

War Döpfners Abtritt eine freie Entscheidung? "Absolut, absolut!", betont eine Verbandssprecherin. Wie seine Nachfolge geregelt wird, habe man aber bewusst offengelassen. Man befinde sich mitten "in einer Verbandsstrukturreform". Die Mitglieder und Delegierten müssen sich zunächst einig werden, wie der Verband umgebaut wird, bevor bevor eine neue Führung gewählt werden kann. Klingt langwierig.

Angeregt worden ist diese Reform von der Essener Funke Mediengruppe - damals im gleichen Atemzug mit der Kritik an Döpfner. Die Umstrukturierung, an der derzeit eine BDZV-Projektgruppe arbeitet, diskutiert etwa, ob es weiterhin zehn kleine Landesverbände braucht - oder ob man diese näher an den Bundesverband heranführen kann. Dabei geht es um den Abbau von Verwaltungsarbeit und Doppelstrukturen.

Funke wird den Reformprozess weiterhin mitgestalten - obwohl der Essener Verlag nach SZ-Informationen bereits fristgerecht sein Austrittsschreiben eingereicht hat und damit de facto zum 1. Januar 2023 nicht mehr BDZV-Mitglied ist. Ob man sich nach der Ankündigung von Döpfners Rücktritt nun womöglich umentscheiden will? Funke möchte das auf SZ-Anfrage zunächst nicht kommentieren. Der Verlag aber könnte, so heißt es vom BDZV, jederzeit einen Antrag auf Wiedereintritt stellen.

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