Verlage:Ballversuch

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Ausgerechnet der "Bild"-Verlag Springer testet eine tägliche Fußballzeitung - eine Idee, an der in Deutschland schon einmal jemand gescheitert ist. Überraschend sind vor allem die Städte, in denen das neue Blatt von August an erscheinen soll.

Von Josef Kelnberger

Was in Italien mit der Gazzetta dello Sport klappt, in Spanien mit Marca oder mit L'Equipe in Frankreich - müsste das nicht auch in Deutschland gelingen? Den Traum von einer täglichen Fußballzeitung haben hierzulande schon viele geträumt, aber nicht umzusetzen gewagt. Denn dagegen steht das Haus Springer, die tägliche Power des Bild-Sports. Der letzte Versuch datiert aus dem Jahr 2010, der Verleger Michael Hahn scheiterte damals schon nach wenigen Monaten grandios mit seinem Projekt namens Sport-Tag. Die Auflage blieb weit hinter den Erwartungen zurück, Hahns Verlagsgesellschaft ging in die Insolvenz. Nun gibt es einen neuen Anlauf, eine deutsche Gazzetta auf den Markt zu bringen - überraschenderweise aus dem Hause Springer selbst.

Die Fußball-Bild soll, wie Springer am Montag in Berlin mitteilte, mit Beginn der neuen Bundesligasaison am 26. August erscheinen. Montags bis samstags, zunächst testweise in einer Auflage von 60 000 Exemplaren in den Großräumen München und Stuttgart, wo es allerdings in der nächsten Saison nach dem Abstieg des VfB keinen Erstligisten geben wird. Bestückt werden soll das Blatt auf 24 Seiten mit neu aufbereiteten Texten aus der zentralen Sportredaktion und den regionalen Standorten. Hinzukommen sollen aber auch eigene Inhalte. Der Ableger kommt im Berliner Format auf den Markt und soll einen Euro kosten. Die Leitung übernimmt Matthias Brügelmann, der stellvertretende Bild-Chefredakteur.

Angesichts der sinkenden Auflage der Bild, die unter die Zwei-Millionen-Marke gerutscht ist, scheint Springer auf Diversifizierung zu setzen und seine Sport-Inhalte separat vermarkten zu wollen. Die Rechte an der zeitnahen Highlight-Berichterstattung von der Bundesliga im Internet wird Springer allerdings schon 2017 wieder verlieren. Die Kurz-Videos von den Höhepunkten des Spieltags ("Bundesliga bei Bild") waren als wesentliches Element der Pay-Strategie Springers gedacht, aber offenbar kein großer Erfolg. Erweisen muss sich zudem, in welchem Maß die FußballBild die reguläre Ausgabe kannibalisiert und ob die Auflage der wöchentlich erscheinenden Sport-Bild (knapp 350 000) darunter leidet.

Springer erwähnt nun Italien, Frankreich und Spanien als Vorbild, doch lässt sich der Zeitungsmarkt dort nur bedingt mit Deutschland vergleichen. Die Sportzeitungen florierten auch deshalb, weil ihnen keine große, nationale Boulevardzeitung Paroli bot. Und mittlerweile haben die Blätter zum Teil mit massiven Auflagenverlusten zu kämpfen.

© SZ vom 26.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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