Ein Verleger lebt von der Öffentlichkeit - aber so viel Öffentlichkeit in eigener Sache konnte Konstantin Neven DuMont, 40, nicht recht sein. Der Mit-Vorstand des Zeitungsverlags DuMont Schauberg (Kölner Stadt-Anzeiger, Berliner Zeitung, Frankfurter Rundschau) war auf einmal Mittelpunkt einer Internet-Affäre und geriet in den Verdacht, unter falschen Namen bei einem Blog Stimmung für die eigenen Positionen gemacht zu haben.
Nun zieht sich der Manager aus dem operativen Geschäft zurück. Er sei doch mehr "auf der kreativen Seite zu Hause", erzählte der Verlagserbe dem Spiegel. Inzwischen finde er die Idee reizvoll, in den Aufsichtsrat zu wechseln und seine Energie in kleinere Eigenproduktionen etwa zu Öko-Themen zu stecken.
Der Sohn des Alt-Verlegers Alfred Neven DuMont, 83, soll seinen möglichen Rückzug bereits vergangene Woche auf einer Vorstandssitzung angesprochen haben. In dem vierköpfigen Führungskreis war Konstantin Neven DuMont bisher für Strategie und Kommunikation zuständig gewesen.
Den Fall "Konstantingate" hatte der Medienjournalist Stefan Niggemeier ins Rollen gebracht. Er analysierte die Herkunft von Hunderten Kommentaren, die teils üble Beschimpfungen enthielten - und machte als Quelle den Kölner Computer des Verlegers aus. Sein Verdacht: Neven DuMont mische selbst unter Nutzung verschiedener Identitäten bei der medialen Schlammschlacht mit.
Niggemeiers Frage: "Ist es denkbar, dass einer der wichtigsten Medienmanager Deutschlands über Monate in diesem Blog unter einer Vielzahl wechselnder Pseudonyme eine dreistellige Zahl von teils irren Kommentaren abgibt, in denen er auf eigene Beiträge verweist, mich und seine Konkurrenz beschimpft, wüste Verschwörungstheorien strickt und seine verschiedenen Identitäten miteinander diskutieren lässt?"
Die mehr als 80 Namen, die Niggemeier umtreiben, lassen auf Kreativität schließen. Es geht um "Avant", "Glotze", "Kritiker" bis hin zu "Himmlischer Friede" und "Charles". Dieser "Charles" schreibt, es sei "äußerst schwach vom Niggemeier, dass er hier den Bundespräsidenten einseitig hochjubelt. Aber das ist halt die Art von Niggemeier und seinen Freunden." Oder: "Wirklich wichtige Themen interessieren Niggemeier nicht. Über die Umverteilung von Arm nach Reich lacht er sich kaputt. Auch der Umweltschutz geht ihm am Allerwertesten vorbei. Stattdessen ergötzt er sich an der Diskreditierung vermeintlicher Wettbewerber der FAZ." Niggemeier schreibt für die Sonntagszeitung der FAZ.
Der beschuldigte Verleger dementierte im Fachdienst Meedia, er habe noch nie anonyme Kommentare gepostet. So etwas werde ja nicht ernst genommen. "Im Gegenteil, jahrelang habe ich diverse Foren mit der Frage beschäftigt, endlich mit Echtnamen zu operieren", sagte er. Zwei Personen aus seinem Umfeld hätten die strittigen Kommentare von der IP-Adresse des Vorstands versandt, er sei durch Niggemeier auf das Problem aufmerksam geworden.
Diese Leute hätten Zugang zu seinem Rechner gehabt, "im Nachhinein war das natürlich ein Fehler", so Neven DuMont. Rechtliche Schritte gegen die User lehnte er ab, er habe die zwei gebeten, "keine weiteren Einträge unter meiner Mailadresse zu veröffentlichen."
Besonders überzeugend war das nicht. Im Unternehmen sei man "hellauf entsetzt", schrieb die Süddeutsche Zeitung. Jetzt folgt der Rückzug.
Eigentlich galt der Internetfreund aus Köln als Kronprinz des Konzerns. Nachdem er sein Journalistikstudium in den USA abgeschlossen hatte, begann er mit 25 im Verlag des Vaters. Ihm wurde immer mehr Verantwortung übertragen, 2009 wurde er beispielsweise Herausgeber der Frankfurter Rundschau.
Nun stellt sich die Frage, wer die Familie künftig im Verlag repräsentieren wird. Vielleicht bloggt Medienjournalist Niggemeier eine Antwort herbei.