USA: Nach der Affäre McChrystal:Klappe halten, Herr General

Stanley McChrystal, der Oberbefehlshaber in Afghanistan, musste gehen, weil er unkontrolliert vor sich hin schwadroniert hatte. Künftig will das Pentagon die Pressekontakte seiner Offiziere kontrollieren.

R. Klüver

Robert Gates ist ein umgänglicher Mann. Und er redet auch gerne mit Medienleuten. Der US-Verteidigungsminister bittet - ganz im Gegensatz zu seinem erratischen Vorgänger Donald Rumsfeld - regelmäßig zu ausführlichen Pressekonferenzen ins Pentagon und pariert die Fragen meist mit Witz und überraschender Offenheit.

File photo of U.S. Army General Stanley McChrystal, commander of the U.S. Forces in Afghanistan, speaking to the media in Washington

Konnte seine Klappe nicht halten und musste deswegen gehen: Vier-Sterne-General Stanley McChrystal.  

(Foto: rtr)

Das hat Prinzip. Gates ist davon überzeugt, dass in Zeiten, da die USA gleich zwei Kriege führen, kaum etwas wichtiger ist, als die amerikanische Öffentlichkeit zu informieren - über den Einsatz der Soldaten und über die US-Verteidigungspolitik überhaupt. Doch genauso überzeugt ist er, dass das Pentagon nie die Kontrolle über seine Botschaften verlieren darf.

Deshalb dürften die vergangenen Tage für ihn eine Tortur gewesen sein. Nicht nur, dass er einen seiner fähigsten Generäle verloren hat. Stanley McChrystal, der Oberbefehlshaber in Afghanistan, musste gehen, weil er und seine Offiziere ihre Klappe nicht halten konnten und unkontrolliert vor sich hin schwadroniert haben.

Das soll nicht wieder vorkommen. Nur eine gute Woche, nachdem Präsident Barack Obama den Vier-Sterne-General in Afghanistan mit ausdrücklicher Billigung von Gates gefeuert hat, schickte der Minister seinen Generälen nun ein Memo mit dem harmlosen Titel: "Dialog mit den Medien". Tatsächlich ist es ein Maulkorberlass.

Denn hohe Offiziere, die bisher weitgehend freie Hand bei der Gestaltung ihrer Medienkontakte hatten, müssen sich ab sofort Gespräche mit Journalisten genehmigen lassen. Sie sollen den Chef der Öffentlichkeitsarbeit im Pentagon, den vor kurzem neu berufenen Staatssekretär Douglas Wilson, künftig informieren "vor Interviews oder jeder Art von Medien- oder öffentlichem Engagement mit möglichen nationalen oder internationalen Auswirkungen", wie es in dem dreiseitigen Rundschreiben heißt. Er sei sehr für Transparenz, schreibt Gates weiter, aber zugleich müsse er feststellen, dass Militär und Ministerium zu "lax" im Umgang mit den Medien geworden sei.

Pentagon-Sprecher Geoff Morell versichert, dass Gates das Memo nicht aus Wut über McChrystals Entgleisung geschrieben habe. Der Erlass sei vielmehr seit längerem in Vorbereitung gewesen. Daran ist sicher so viel richtig, dass Gates sich schon seit Monaten maßlos über Durchstechereien aus dem Pentagon ärgert.

Daran hatte auch McChrystal bereits einen Anteil, als im vergangenen Herbst ausgerechnet während der Beratungen im Weißen Haus über die weitere Strategie in Afghanistan der Hinweis in den Medien auftauchte, dass er mindestens 30000 weitere Soldaten angefordert habe. Doch das war nicht die einzige Information aus seinem Ministerium oder dem Militär, die Gates nicht in den Zeitungen lesen wollte. So fanden Schilderungen über internen Streit um Haushaltsfragen und Auseinandersetzungen über Waffenbeschaffungsprogramme ebenso einen Weg in die interessierte Öffentlichkeit wie ein vertrauliches Memo zur Iran-Politik.

Gates' oberster Soldat, Mike Mullen, der Chef des Generalsstabs, versuchte indes dem Eindruck entgegenzutreten, dass seinen Offizieren ein Maulkorb angelegt werden soll. Bei einem Truppenbesuch in Afghanistan sagte er, dass "wir weiterhin unsere Geschichte erzählen müssen". Allerdings setzte der bärbeißige Admiral hinzu: "Wir müssen das aber clever und koordiniert tun." Will sagen: nur nach Genehmigung aus dem Pentagon.

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