USA:Alles, was rechts ist

Beim Sender Fox News bekommen seit 20 Jahren die lautesten Republikaner am meisten Gehör - allen voran Donald Trump. Der Rücktritt von Gründer Roger Ailes könnte eine Chance sein: Wird die Krawallmaschine bald seriöser?

Von Hubert Wetzel

Amerikas Linke haben immer mit einer Mischung aus Verachtung, Neid und Angst auf den Sender Fox News geschaut. Mit Verachtung - denn eigentlich hat das Programm mit "News", mit der Verbreitung von Neuigkeiten nach traditionellen journalistischen Maßstäben also, wenig zu tun. Fox News ist, wenn man es sehr freundlich formulieren will, eher eine krawallige Meinungs- als eine seriöse Nachrichtenmaschine.

Mit Neid - denn tief in ihren Herzen wünschten die Linken sich auch einen solchen Sender. Ein Rund-um-die-Uhr-Programm, das mehr oder weniger ungefiltert die politischen Positionen einer Partei wiedergibt, im Falle von Fox News die der Republikaner. Das Pendant für die Demokraten ist der Kabelsender MSNBC, der aber Fox News in jeder Hinsicht - Relevanz, Reichweite, Einnahmen - weit hinterherhinkt. Amerika, so scheint es, liebt rechte Propaganda, keine linke.

Und mit Angst - denn Fox News ist mächtig. Der Sender, der zum Medienkonglomerat des Briten Rupert Murdoch gehört, ist ein wichtiger Bestandteil der konservativen "Echokammer", jenes Medienraums, in dem Geschichten und Gerüchte zwischen rechten Bloggern, Kommentatoren und Politikern hin- und hergeworfen werden und sich aufschaukeln, bis sie wie ein Donnerhall die Öffentlichkeit erreichen. Wenn zum Beispiel Fox News beginnt, raunend darüber zu berichten, dass gewisse Leute Präsident Barack Obama für einen verkappten Muslim halten, der gar kein gebürtiger US-Staatsbürger sei, dann hat das Weiße Haus ein Problem, so abstrus die Behauptungen auch sein mögen.

Nun mischt sich ein wenig Hoffnung in die Gefühlswelt der Linken. Denn der Rücktritt von Roger Ailes, Erfinder und allmächtiger Vorstandschef von Fox News, könnte eine neue Ära einläuten, die nicht nur für den Sender Folgen hat, sondern für die gesamte Republikanische Partei.

Ailes musste sein Amt aufgeben, weil mehrere Mitarbeiterinnen des Senders ihn der sexuellen Belästigung bezichtigt und verklagt hatten. Zwar wies Ailes jede Schuld von sich, doch die Aussagen betroffener Frauen lassen kaum Zweifel zu. Einige Fälle dürften vor Gericht landen - dahin wollte Murdoch seinem Senderchef offenbar nicht folgen. So wurde vor einigen Tagen eine einvernehmliche (und für Ailes wohl lukrative) Trennung ausgehandelt. Murdoch selbst werde vorübergehend den Posten von Ailes übernehmen, hieß es. Er dankte seinem langjährigen Weggefährten mit den Worten, Ailes habe einen Sender geschaffen, der sich deutlich vom "selbstsüchtigen Elitedenken" der anderen Medien absetze.

Dass Fox News ohne Ailes nicht wäre, was es ist, bestreitet niemand. Der 76-Jährige hat den Sender vor 20 Jahren gegründet, als das Nachrichtengeschäft im Kabelfernsehen von CNN beherrscht wurde. Heute ist CNN abgeschlagen. Statt wie die Konkurrenz auf Journalismus zu setzen, setzte Ailes auf Streit. Als CNN nach der Wahl 2004 seine härteste politische Streitshow Crossfire absetzte, weil die Senderverantwortlichen die politische Kultur in den USA nicht weiter beschädigen wollten, drehte Ailes bei Fox News auf.

Wenn Donald Trump ein Anliegen hat, ruft er einfach im Studio an

Das Hauptprogramm des Senders ist heute eine Abfolge von konfliktbeladenen Talkshows, in denen konservative Moderatoren konservativen Gästen die Möglichkeit geben, über liberale Abwesende herzuziehen. Etliche ehemalige republikanische Politiker, allen voran die frühere Vizekandidatin Sarah Palin, hatten oder haben eigene Shows bei Fox News, ganze Legionen von Republikanern stehen bei dem Sender als "Experten" und Kommentatoren unter Vertrag. Für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump ist Fox News ein wichtiges Sprachrohr - wenn er etwas loswerden will, ruft er einfach in der laufenden Sendung an. Dass ausgerechnet Fox News sich den Werbeslogan "fair und ausgewogen" ausgesucht hat, ist in seiner Abstrusität fast schon genial.

Der Fox-Journalismus, wenn man ihn so nennen mag, hat die Republikanische Partei grundlegend verändert. Weil Krawall das wichtigste Kriterium war, bekamen die Krawallmacher plötzlich Sendezeit, je lauter, desto mehr. Der vernünftige Teil der Partei, die "Erwachsenen", wie sie in Washington genannt werden, äußerte sich vielleicht noch in irgendwelchen Zeitungskolumnen, doch die rechtskonservativen Schreihälse beherrschten die einzig wichtige Bühne: das Fernsehen. Ohne Fox wäre die Tea-Party-Bewegung kaum so erfolgreich gewesen, wie sie es war, ohne Fox hätte vielleicht auch Trump nicht so schnell so viele Anhänger sammeln können. Fox News, Facebook, Twitter - das ist heute die Medienstrategie eines republikanischen Politikers.

Das rechnet sich. Im Jahr 2014 soll Fox einen Gewinn von 1,2 Milliarden Dollar abgeworfen haben, mehr als jeder konkurrierende Kanal.

Die große Frage ist nun: Bleibt Fox News bei dem von Ailes gewählten Kurs, der so viel Geld einbringt? Oder wird der Sender seriöser? Es gibt Spekulationen, wonach die Murdoch-Söhne James und Lachlan nur darauf gewartet haben, Ailes absägen zu können. Nicht weil er nicht genug Geld verdiene, sondern weil ihnen das Senderkonzept und der geifernde Ton peinlich seien, wie der Hollywood Reporter schreibt. Sie wollen Fox News sicher als konservativen Kanal erhalten, aber vielleicht eher als echtes journalistisches Medium, nicht als reine Propagandaplattform. Nicht auszuschließen, so der Autor des Magazins, dass Ailes dann einen neuen rechten Krawallsender gründet. Reiche Rechte, die das bezahlen könnten, gibt es in Amerika genug.

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