US-Wahl: TV-Satiriker gegen die Rechten:Happening mit prominenter Unterstützung

Eine Demo zur Wiederherstellung des gesunden Menschenverstands: TV-Satiriker trommeln in Washington gegen die Rechten.

Reymer Klüver

Eigentlich hatten die Demokraten auf die Massen gesetzt. Nur drei Tage vor der Kongresswahl in den USA würde dieser Haufen meist junger Menschen vor den Stufen des Kapitols in Washington ein Zeichen setzen. Ein Zeichen, dass die Wahl noch nicht verloren sei, dass gerade die Jungen im Lande sich der Aufbruchstimmung vor zwei Jahren entsinnen und wieder für die Demokraten stimmen würden.

Comedian Stephen Colbert gestures during the 'Rally to Restore Sanity and/or Fear' on the National Mall in Washington

Ein politischer Unterstützer: Comedian Stephen Colbert

(Foto: REUTERS)

Nach letzten Schätzungen waren es eine Viertelmillion, die zu dieser "Rally to Restore Sanity and/or Fear - Demo zur Wiederherstellung des gesunden Menschenverstands und/oder der Angst" gekommen waren. Sie hatte der US-Fernsehsatire-Star Jon Stewart zusammen mit seinem Kollegen vom Kanal Comedy Central, Stephen Colbert, organisiert.

Doch es wurde keine Wahlkampfunterstützungsveranstaltung, wie es sich demokratische Parteistrategen vielleicht erträumt hatten. Vielmehr war es ein gutgelauntes Happening an einem heiteren Herbstnachmittag, mal ein Konzert mit Auftritten von Stars wie Sheryl Crow und Kid Rock und dem Sänger, der früher als Cat Stevens berühmt war, Yusuf Islam, mal eine Open-Air-Ausgabe von Stewarts und Colberts nächtlichem Comedy-Geplänkel im Fernsehen, mal ausgelassen albern, mal ziemlich ernsthaft.

Stewarts Freiluftshow war zugleich Parodie wie Gegenentwurf zu einer Kundgebung des Fernsehmoderators Glenn Beck, die der selbsternannte Wortführer der Rechten in den USA Ende August unter dem Motto "Restore Honor - Wiederherstellung der Ehre" ebenfalls auf der Mall organisiert hatte. Schon die Wahl des Veranstaltungsortes ließ daran keinen Zweifel: Beck hatte das Lincoln Memorial gewählt, das patriotische Denkmal am Westende der Mall - Stewart das östliche Ende mit der Kuppel des US-Kapitols im Hintergrund. Becks Publikum war vornehmlich weiß und jenseits der 50. Zu Stewart kamen diejenigen, die seine TV-Show sehen: überwiegend unter 30-Jährige und ein ziemlich bunter Haufen. Bei Beck werden es Anhänger der Tea-Party-Bewegung gewesen sein, bei Stewart dürften Republikaner eine Minderheit dargestellt haben.

Beides waren hoch politisierte Veranstaltungen. Becks Kundgebung war eine Machtdemonstration der Neuen Rechten in den USA. Stewart indes wollte den Parolen der Konservativen nicht den öffentlichen Raum überlassen. Allerdings warb er nicht für die Demokraten, sondern für den parteiübergreifenden Kompromiss, eben für "sanity" in der Politik. Ob ihn die Massenkundgebung nun zu einer "Führungspersönlichkeit in der Zivilgesellschaft Amerikas" gemacht habe, wurde Stewart nach dem Spektakel gefragt. Doch der Fernsehmann wollte die Rolle des politischen Aktivisten schnell wieder ablegen. Nein, nein, wehrte er ab, jeder müsse "Mitspieler in der Zivilgesellschaft" sein. Wenn man so will, war das seine Botschaft - tatsächlich eine eher indirekte Wahlkampfhilfe für die Demokraten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: