US-Talkstar Winfrey und ihr Sender OWN:Oprahs große Show

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Oprah Winfrey auf Siegeszug - mit ihrem neuen Sender OWN will die Talkqueen den amerikanischen TV-Markt erobern. Das Konzept: Lebensberatung und Starsuche.

Reymer Klüver

Oprah ist ein Phänomen. In Deutschland kann man sich ihren Einfluss auf Amerikas Bewusstsein kaum vorstellen. Keine Fernsehgröße verfügt in Deutschland auch nur annähernd über die Starpower, über die Oprah Winfrey mit Leichtigkeit in den USA gebietet.

"Live your best life" - das Lebensmotto der amerikanischen Talkshowmoderatorin Oprah Winfrey. (Foto: AP)

Millionen - zumeist Frauen - hängen der 56 Jahre alten Talkshow-Moderatorin an den Lippen. Eine Empfehlung von ihr lässt Buchauflagen um Hunderttausende in die Höhe schnellen. Und manche behaupten sogar, dass Oprahs Wahlkampfhilfe entscheidende Frauenstimmen für Barack Obamas Wahlsieg mobilisierte. Sie Talkshow-Moderatorin zu nennen, ist deshalb eigentlich eine törichte Untertreibung. Oprah Winfrey ist längst milliardenschwere Gebieterin eines Medienimperiums.

So lag der Gedanke nah, dass sie sich auch einen eigenen Fernsehkanal zulegen könnte, einen Fernsehsender, auf dem sie nicht nur 45 Minuten lang, wie in ihrer Talkshow, sondern 24 Stunden, sieben Tage die Woche die Botschaft verkünden kann, die ihr am Herzen liegt.

In Kooperation mit Amerikas größtem Kabelkanal Discovery Channel und mit Hilfe einer Anschubfinanzierung von nicht weniger als 110 Millionen Dollar kam deshalb OWN zustande: das Oprah Winfrey Network. Es ist die größte Neugründung auf Amerikas umkämpftem Kabelsendermarkt seit mehr als einem Jahrzehnt.

Im Grunde verbreitet die Station in der Tat nichts anderes als Winfreys vielleicht sehr amerikanische Lebensmaxime: "live your best life". Man könnte es mit "Mach das Beste aus deinem Leben" übersetzen. Nur hat das einen zu negativen Unterton. Sie selbst formuliert es in oprahesker Emphase so: "Der Sender macht den Menschen Mut, mit weitem Herzen Liebe zu zeigen."

Lebenshilfe für die Geplagten

Wie ihre Talkshow richtet sich OWN an das zahlenmäßig wohl größte Segment im amerikanischen Fernsehpublikum: an Frauen zwischen 25 und 54 Jahren. Man könnte auch sagen, nichts Menschliches wird diesem Spartenkanal zur Erlangung des Seelenheils hier auf Erden fremd bleiben.

Winfrey hat gleich ein Triumvirat von Lebensberatern - alles ihre persönlichen Favoriten - für das Programm aufgeboten: ihren alten Vertrauten Dr. Phil, den Fachmann für Herzschmerz, den Kardiologen Dr. Oz für die körperlichen Gebrechen und die fixe Geldberaterin Suze Orman für die materiellen Dinge. Sie verkünden dieselbe Botschaft: All ihr Beladenen der Welt, verzweifelt nicht, in welcher Notlage ihr euch auch befindet. Es gibt eine Lösung.

Sixx in Bildern
:Sender für Frauen

Sixx ist der neue Frauensender von Pro Sieben Sat 1. Seine wichtigsten Sendungen: "Oprah Winfrey", "Sex in the City" und "Windeln und Wellness".

Das dürfte überhaupt Winfreys Glaubensbekenntnis ziemlich nahekommen, um das herum sie ihren Sender strukturiert hat: Beratung in allen Lebenslagen. Das australische Organisationstalent Peter Walsh (bereits in den vergangenen Jahren ebenfalls schon ein gerngesehener Gast bei der Oprah Show) leitet deshalb Messies vor laufender Kamera an, wie sie ihr unaufgeräumtes Dasein in den Griff bekommen können.

In der ersten Show wurde ein leukämiekranker Mann vorgeführt, dessen vermülltes Haus entrümpelt wurde, damit er seine letzten Tage in einer reinen Stube zubringen kann. Die Sexberaterin Laura Berman besucht Paare mit Problemen und bringt das Glück ins Bett zurück.

Beim ersten Mal wurden nicht nur die Therapiegespräche gezeigt, sondern auch noch mit der Heimkamera zwischen Kissen und Matratze aufgezeichnete Digitalbilder des nun nach Jahren der sexuellen Freudlosigkeit wieder zueinanderfindenden Ehepaares.

Wobei man den Eindruck hat, dass die Selbstentblößung der sich neu liebenden Eheleute gleich zwei Bedürfnissen geschuldet ist: für ein paar Minuten Bildschirm-Berühmtheit zu erlangen und dem Auftritt gleichzeitig ein paar Dollar fürs offenkundig gestresste Familieneinkommen hinzuzuverdienen. Überhaupt dürfte Winfreys Beratungsfernsehen in Zeiten, da so viele Menschen in den USA wirklich tief in der Krise stecken, gerade recht kommen.

Das einzige, das einem überwältigenden Erfolg des Kanals im Wege stehen könnte, ist die Gefahr, dass sich ihn viele Menschen nicht mehr leisten können: OWN wird nur über Kabel verbreitet, und Kabelfernsehen kostet nun einmal Gebühren.

TV-Experten glauben deshalb, dass Gedeih oder Verderb ganz schlicht daran hängen, auf welchem Platz die Kabelanbieter OWN einspeisen. Bis jetzt ist Oprahs Sender nicht wie CNN oder Disney Channel im basic cable dabei, also nicht im Basisangebot der großen Kabelanbieter wie Comcast oder Verizon.

Wer Oprahs Kanal empfangen will, muss ein paar Dollar mehr für das größere Angebot bezahlen. Zur Zeit können folglich nur knapp drei Viertel aller amerikanischen Haushalte OWN sehen.

Außer Fachsendungen zur Lebensberatung haben sich Winfreys TV-Strategen noch eine Mischung aus American Idol und Dschungelcamp einfallen lassen: Sechs Frauen und vier Männer werden sehr darum kämpfen, eine eigene Show auf Winfreys Kanal zu bekommen: "Oprahs Suche nach dem kommenden TV Star".

Und dann sind natürlich auch die echten Stars vertreten - oder jedenfalls Menschen mit Namen, die Amerikas Frauen kennen. Fergie, zum Beispiel, Britanniens unglückselige Königssohn-Ex-Gattin, wird ihre persönlichen Nöte ausbreiten (wohl um ihre allfällige finanzielle Notlage zu lindern) und zeigen, dass auch die Fergies dieser Welt Menschen wie du und ich sind. Ryan und Tatum O'Neal ( Papermoon), das einander im Leben fremd gewordene Vater-Tochter-Gespann, feiern vor laufender Kamera ein mehrteiliges Versöhnungsfest.

Und das Talk-Schlachtross Rosie O'Donnell soll im Herbst wieder antreten. Auch Gayle King, ebenfalls eine Talk-Queen und, was für ein Zufall, engste Freundin Winfreys, bekommt eine Show.

Die beste Quote zum Start des Kanals indes aber hatte Oprah selbst. Besser gesagt: die Sendung Oprah Behind the Scenes - der Blick hinter die Kulissen bei der Produktion ihrer Talkshow, deren letzte Staffel noch bis zum Ende des Sommers bei ABC läuft, einem der drei großen, nicht ans Kabel gebundenen Fernsehsender Amerikas.

Auch für ihren eigenen Sender also bleibt Oprah das stärkste Zugpferd.

© SZ vom 10.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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