US-Sitcom "The Conners":"Roseanne" ohne Roseanne

JOHN GOODMAN, LAURIE METCALF

Müssen sich künftig ohne Roseanne durch ihr ohnehin schon hartes Leben schlagen: Witwer Dan (John Goodman) und Schwester Jackie (Laurie Metcalf).

(Foto: Eric McCandless)
  • In den USA ist "The Conners" gestartet, das Nachfolgeprojekt von "Roseanne", ohne die titelgebende Hauptdarstellerin Roseanne Barr.
  • Nach rassistischen Tweets war Barr für die Produzenten der Serie nicht mehr tragbar gewesen.
  • "The Conners" konzentriert sich mit bitterböser Komik auf die Mitglieder der Familie statt auf gesellschaftliche Kommentare und politische Zankereien.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Sie fehlt, diese Person, natürlich, dieses Vakuum ist in der am Dienstag in den USA ausgestrahlten ersten Folge der Sitcom The Conners nicht zu übersehen. Allerdings, und das ist erstaunlich, wird dieses Fehlen nicht zur Hypothek für die Handlung, es ermöglicht vielmehr, die Geschichte dieser amerikanischen Unterschichten-Familie noch witziger, noch bissiger, noch relevanter zu erzählen. Diese Person, die am meisten fehlt, das ist nicht Roseanne Barr, die Hauptdarstellerin der legendären Sitcom Roseanne, die wegen rassistischer Äußerungen gefeuert worden ist und daher mit diesem Nachfolgeprojekt nichts zu tun hat. Wer fehlt, das ist US-Präsident Donald Trump, und das ist doch mal erfrischend.

Barr fehlt auch, gewiss, doch auch das ist eher befreiend denn bedrückend. In der Originalversion von Roseanne (1988-1997) war die Protagonistin Roseanne der Nukleus dieser Familie, für die der amerikanische Traum einfach nicht wahr werden will. Ähnlich gestaltete sich die Fortsetzung voriges Jahr; Roseanne blieb aus lauter Verzweiflung über das beschissene Leben nichts anderes übrig, als Trump zu wählen. Allerdings gehört Barr im wirklichen Leben mit Rapper Kanye West zu den allergrößten Trump-Fans, und so ging es bald mehr um die politischen Ansichten Barrs als um das Schicksal der Familie Conner. Die Serie war dennoch überaus erfolgreich, 17,85 Millionen Amerikaner sahen durchschnittlich zu, ein in Zeiten von Streamingportalen grandioser Wert für den TV-Sender ABC.

Die Conners sind Leuten, wie es sie in diesem Land millionenfach gibt

"Es war, als würde jemand in einem schnellen Auto eine Vollbremsung hinlegen: Alle Insassen fliegen durch die Windschutzscheibe - und danach explodiert das Fahrzeug auch noch", beschreibt Produzent Bruce Helford diesen 29. Mai, an dem Barr ihre rassistischen Äußerungen bei Twitter abgesetzt hat. Die Show hieß nun mal Roseanne, und es ist beinahe unmöglich, die Protagonistin einer Sitcom zu ersetzen, wenn die sogar den Namen der Darstellerin trägt. Es wäre wohl nur bei Seinfeld denkbar gewesen, weil es ohne Serienname und Protagonist wirklich die "Show über nichts" gewesen wäre, die sie immer sein wollte.

"Da standen mehr als 100 Arbeitsplätze auf dem Spiel, und natürlich auch das Vermächtnis dieser Show", sagt Helford. Er habe deshalb nicht versucht, das kaputte Fahrzeug irgendwie zu reparieren, sondern einen anderen Gebrauchtwagen mit ähnlichen Eigenschaften besorgt. Die Produzenten haben aus Roseanne schlicht The Conners (der Familienname) gemacht und deuten damit an, dass es nun wieder um all diese Leute im Mittleren Westen der USA geht und nicht um Barr - und schon gar nicht um diesen Typen im Weißen Haus; schließlich sagte Roseannes Ehemann Dan (John Goodman) schon bei der Wiederaufnahme im vergangenen Jahr: "Völlig egal, wer im Weißen Haus hockt: Dieser Familie geht es immer beschissen."

Das tut es noch immer, und genau deshalb berührt sie, diese Familie, man fühlt mit ihren Problemen, auch wenn einem das Lachen bisweilen im Hals stecken bleibt. Das liegt an den grandiosen Schauspielern Goodman, Laurie Metcalf (als Roseannes Schwester Jackie) und Sara Gilbert (Tochter Darlene) sowie Juliette Lewis in einer Gastrolle in der zweiten Episode, aber auch an der Konzentration auf die Mitglieder dieser Familie, auf die dramatischen Momente innerhalb der bitterbösen Komik und die Rückkehr zum Verzicht auf gesellschaftliche Kommentare und politische Zankereien. Die Serie hat sich von ihrer omnipräsenten und omnipotenten früheren Protagonistin emanzipiert und erzählt einfach von Leuten, wie es sie in diesem Land millionenfach gibt.

Die Produzenten wählen den einfachen Weg, eine Figur aus einer Serie zu entfernen: Sie haben Roseanne sterben lassen - an einer selbst verschuldeten Überdosis Opiaten nach einer Knieoperation. Das ist ein bissiger Kommentar, auf den die reale Roseanne Barr sogleich reagierte. "Das hätte es nicht gebraucht", sagte sie, und auf Twitter schrieb sie: "Ich bin noch nicht tot, Leute!" Für Roseanne Barr mag das gelten, die Figur Roseanne jedoch ist gestorben. Sie fehlt, gewiss, aber genau das lässt die Serie umso relevanter werden.

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