Urheberrecht:Kleine Lösung

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Künftig soll es leichter werden, im Netz Nachrichten aus dem EU-Ausland anzusehen. Verbraucherschützer hatten aber eigentlich auf mehr gehofft.

Von Karoline Meta Beisel

Von einem großen Vorhaben ist am Ende nur wenig übrig geblieben: Künftig wird es für Fernsehzuschauer wohl leichter, im Netz Nachrichten aus dem europäischen Ausland anzusehen. Tatsächlich jedoch ist der Kompromiss, auf den sich der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments am Dienstag geeinigt hat, nur ein sehr kleiner Rest einer viel größeren Idee. Jedenfalls freuen sich jetzt nicht die Befürworter des grenzüberschreitenden Fernsehens, sondern die Filmindustrie: Einen "wichtigen Etappensieg für den europäischen Film" nennt den Beschluss etwa Alfred Holighaus, Präsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft. Hans Demmel, Vorstandsvorsitzender des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien,sagt, es sei "erfreulich", dass der Ausschuss "fehlverstandenen Verbraucherinteressen" nicht nachgegeben habe.

Eigentlich hatte Verbraucherschützern eine viel weiterreichende Regelung für das grenzüberschreitende Fernsehen vorgeschwebt, ganz im Sinne des europäischen Gedankens: Zuschauer in Italien sollten Zugriff auf Filme aus Frankreich haben; und Deutsche auf die hochgelobten Serien aus der Mediathek der britischen BBC - bis zum Brexit wenigstens. Zu diesem Zweck hatten die Befürworter ein urheberrechtliches Prinzip aus dem Satellitenfernsehen auf kostenlose Online-Mediatheken ausweiten wollen, wie sie etwa ARD und ZDF vorhalten. Die Idee: Wenn ein Sender in einem europäischen Land eine Lizenz erwirbt, um einen Film oder eine Serie im Netz zu zeigen, spielt es keine Rolle, wenn dann auch Zuschauer in anderen Ländern zusehen, für die der Sender keine eigene Lizenz eingeholt hatte.

Die Filmindustrie hatte sich gegen dieses Vorhaben heftig gewehrt. Die Finanzierung des europäischen Films sei in Gefahr, wenn es nicht mehr möglich sei, Sendelizenzen für mehrere Länder einzeln zu verkaufen. Statt zu mehr Vielfalt würde die Öffnung der Sendegrenzen am Ende zu weniger Vielfalt führen, weil insgesamt weniger Inhalte produziert werden würden, so die Warnung - mit der sie sich am Dienstag auch durchgesetzt hat.

"Wir haben eine Chance vertan, für die europäischen Verbraucher mehr Zugang zu Inhalten zu schaffen", sagt der Europaabgeordnete Tiemo Wölken (SPD), der im Rechtsausschuss als Berichterstatter für das Vorhaben zuständig war. Als Nächstes wird sich der Europäische Rat mit dem Thema befassen. Wenn es bei dem jetzigen Entwurf bleibt, werden zwar immerhin ausländische Nachrichtensendungen künftig leichter zu sehen sein. Für Verbraucher werde sich dennoch so gut wie nichts ändern: Das Geoblocking, mit dem Ländergrenzen technisch durchgesetzt werden, wird kaum weniger werden. Nachrichteninhalte, die schon einen Tag später selten noch weiterverwertet werden können, sind bereits heute weniger geschützt als Filme oder Serien. "Die Tagesschau kann ich in Brüssel jetzt jedenfalls auch schon sehen", sagt Wölken.

© SZ vom 22.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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