Unterhaltung:Der Wahrheit recht nahe

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Eine mexikanische Serie erzählt von einer Zeitungsredaktion in Tijuana, die nach der Ermordung eines Politikers zu Korruption und Drogengeschäften recherchiert - und dabei gewaltig unter Druck gerät.

Von Benjamin Emonts

Journalistin Gabriela sitzt direkt daneben, als der aufstrebende Politiker Eugenio Robles in seinem Auto erschossen wird. Vergeblich versucht sie, die Blutung an seinem Hals zu stoppen. Ein gezielter Schuss aber reichte aus, um die gesamte politische Lage im mexikanischen Bundesstaat Baja California zu verändern. Der Fabrikarbeiter Robles, der bessere Arbeitsbedingungen versprach, stirbt vor der Wahl.

Das Attentat ist der Ausgangspunkt der mexikanischen Serie Tijuana. Ihre Schöpfer Daniel Posada und Zayre Ferrer halten den Hinweis für nötig, dass die gezeigten Geschehnisse und Personen frei erfunden sind. Denn was in Tijuana passiert, könnte ohne weiteres Wirklichkeit sein. Journalisten wie die fiktiven Protagonisten arbeiten in Mexiko unter Lebensgefahr. Laut der Organisation "Reporter ohne Grenzen" wurden seit dem Jahr 2000 mehr als 80 Medienschaffende wegen ihres Berufes ermordet, etliche andere wurden entführt oder sind verschwunden. Wer über Korruption und Kartelle berichtet, riskiert sein Leben.

Diese Gewissheit begleitet den Zuschauer wie ein Schatten durch die Straßen von Tijuana. Journalistin Gabriela (Tamara Vallarta) schließt sich den unerschrockenen Journalisten der Lokalzeitung Frente Tijuana an, die alles daran setzen, die Ermordung Nobles aufzuklären. Der Mitbegründer der Zeitung wurde vor 20 Jahren ebenfalls ermordet, Mitarbeiter sind überzeugt, dass der einflussreiche Casino-Betreiber Gregorio Mueller (Rodrogo Abed) der Auftraggeber war - und dass er auch jetzt bei der Ermordung Nobles (Roberto Mateos) seine Finger im Spiel hatte.

Mit ihren Recherchen dringen die Journalisten immer tiefer in den Sumpf aus Korruption und Drogengeschäften vor, gegen alle Widerstände. Die Druckerei erhöht plötzlich die Papierpreise, woraufhin die Redakteure in einer Nacht- und Nebelaktion über die Grenze fahren und ihr Blatt in San Diego drucken lassen. Und dann folgt ein Anschlag mit Maschinenpistolen. Die Serie wirkt in alldem erschreckend authentisch. In ihren Konferenzen müssen die Redakteure immer wieder abwägen, wann sie mit neuen Erkenntnissen an die Öffentlichkeit gehen. Und auch in Tijuana brauchen Recherchen Zeit - wodurch die Handlung manchmal langsamer vorangeht. Die Schauspieler tragen den ernsten Stoff aber mit Leichtigkeit, allen voran Damián Alcázar, der in der Serie Narcos den Drogenboss spielt, brilliert als Redaktionsleiter Antonio Borja.

Tijuana , auf Netflix.

© SZ vom 17.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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