Umstrittenes Fußballer-Interview:Geheimnis und Zweifel

Kanzlerin Merkel, FC-Bayern-Präsident Hoeneß und DFB-Chef Niersbach haben sich nach dem "Fluter"-Interview mit einem schwulen Fußballer zu Wort gemeldet. Nun äußert ein einflussreicher Fußballjournalist Zweifel an der Echtheit des Gesprächs.

Bernd Graff

Das Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung, Fluter, hat am 11. September ein brisantes Thema aufgegriffen: Der Journalist Adrian Bechtold interviewte einen schwulen Bundesliga-Profi - eine einjährige Recherche soll dem Gespräch vorausgegangen sein.

Der Fußballer, so hieß es im Vorspann zu dem Interview, wolle nicht mit Namen genannt werden. "Niemand darf von diesem Treffen wissen, denn ihn gibt es nicht", heißt es wörtlich.

Der Gesprächstext schildert die seelischen Nöte eines schwulen Profis, der vor der Öffentlichkeit Versteck spielen muss und sich nicht outen kann, wenn er seinen Beruf weiter ausüben möchte. Darauf haben inzwischen reagiert: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bayern-Präsident Uli Hoeneß und DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Offenbar, so der Text, ist aber den Bundesliga-Spielern klar, dass es schwule Kollegen gibt: "Natürlich sind einige Situationen wie das Duschen am Anfang für beide Seiten unangenehm", heißt es dort.

Nun hat der Chefredakteur des Fußball-Magazins 11 Freunde, Philipp Köster, in einem äußerst kritischen Artikel bezweifelt, "dass dieses Gespräch so stattgefunden hat wie behauptet". Die Geheimniskrämerei um die Identität des Sportlers einerseits und die angebliche Selbstverständlichkeit, mit der in dessen Mannschaft alle von seiner Homosexualität wissen, passen Köster zufolge nicht zusammen. Köster vermutet, dass das so oft zitierte Interview ein Fake ist.

Die Chefredaktion von Fluter hat er dazu nicht befragt. Diese hat dem Interview eine Fußnote beigefügt, in der sie erklärt, dass sie "schon länger vertrauensvoll mit dem Autor zusammenarbeitet." Ihr liege "eine schriftliche Bestätigung des Autors vor, dass dieses Interview stattgefunden hat". Thorsten Schilling, Chefredakteur von Fluter, bestätigt auf SZ-Nachfrage, dass er diese schriftliche Bestätigung besitze, aber den Namen des Fußballers tatsächlich nicht kenne. Er gewähre seinem Autor, von dem es bei Fluter insgesamt fünf Beiträge zu finden gibt, "Informantenschutz".

Bechtold wiederum hatte allerdings zuvor in einem Gespräch mit Süddeutsche.de behauptet, dass bei der Bundeszentrale "ein kleiner Kreis von Personen eingeweiht" sei.*

*Nach Veröffentlichung des Artikels hat sich Adrian Bechtold bei Süddeutsche.de gemeldet um klarzustellen, dass er sich mit seiner Aussage, ein kleiner Kreis von Personen sei eingeweiht, nicht auf den Namen des Spielers, sondern lediglich auf Hintergrundinformationen zum Text beziehen wollte. Die Bundeszentrale für politische Bildung bestätigte, dass sie keine Kenntnis vom Namen des Fußballprofis hat.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: