"Über uns das All" in der SZ Cinemathek:Wer ist eigentlich Paul?

Martha will mit Paul nach Südfrankreich ziehen, doch er nimmt sich das Leben. Nach und nach muss Martha erfahren, dass sie nichts über diesen Paul weiß, mit dem sie so lange zusammengelebt hat. Ein todtrauriger Film über Liebe und Lügen.

Katharina Riehl

Als Paul stirbt, organisiert Martha gerade ein neues Leben. Das alte Leben packt sie in Kisten, sie putzt die alte Wohnung, die sie jetzt zurücklassen wird, genauso wie Köln und ihre Schüler, denn Martha zieht nach Marseille. Mit ihrem Mann Paul, der schon einmal vorausgefahren ist zu seinem neuen Job in dem südfranzösischen Krankenhaus, auf dessen Parkplatz er dann mit einem Schlauch aus dem Baumarkt die Abgase in seinen Wagen leitet.

Über uns das All

Martha und Paul leben in einer glücklichen, vertrauensvollen Beziehung miteinander. Glaubt Martha.

(Foto: WDR/Pandora Film)

Der Paul würde sich niemals umbringen, sagt Martha zu den Polizistinnen vor ihrer Wohnungstür. Aber: Wer ist Paul eigentlich?

Jan Schomburgs Langfilm-Erstling Über uns das All, den die ARD in der Reihe "Debüt im Ersten" zeigt, hat ein paar Preise auf ein paar kleineren Filmfesten gewonnen - seine Hauptdarstellerin Sandra Hüller war für den Deutschen Fernsehpreis nominiert. Für ihre Rolle in Hans-Christian Schmids Requiem hatte sie vor ein paar Jahren alles gewonnen, was es in Deutschland für junge Schauspielerinnen so zu gewinnen gibt. Sie spielt Martha, die Witwe, sehr reduziert, ohne viel Hallo.

Martha also bleibt in Köln, was soll sie auch in Marseille. Dann will sie Pauls Doktorvater besuchen, ihm vom Tod seines Studenten erzählen, doch Paul hat gar nicht mehr studiert. Niemand kennt ihn, die Promotion in seinem Schreibtisch ist geklaut. Martha hat keine Ahnung, wo ihr Mann all die Jahre hinging, wenn er sich morgens von ihr verabschiedete. Wie also trauert man um einen Menschen, den man im Grunde gar nicht gekannt hat?

Liebe, Verlust, Lügen

Über uns das All ist eine Geschichte von Liebe, Verlust und Lügen - und es ist ein wirklich todtrauriger Film. Auch weil er zeigt, dass man nie wissen kann, aus welcher Richtung das Leben manchmal mit Dreck auf einen wirft.

Jan Schomburg hat für die Leere und die Leerstellen, die sich plötzlich in Marthas Leben auftun, eine wunderbare Bildsprache gefunden. Die Kamera spart aus, was man gerne wüsste, zum Beispiel wie die Särge aussehen, an denen die Witwe mit dem Beerdigungsunternehmer vorbeiläuft. Vollholz, poliert, italienischer Stil. Oder die Fotos des toten Paul in seinem Auto, die Martha bei der Polizei lange ansieht, bis sie dann endlich sagt, dass sie den Menschen darauf erkannt hat. Die Kamera sieht nur Martha. Die Särge, die Fotos, finden in ihrem Gesicht statt.

Später beginnt Martha die Leere zu füllen, mit Alexander, dem Dozenten, und es macht ein komisches Gefühl zuzusehen, mit wie viel Rumms sie sich in diese neue Beziehung stürzt. Zu einem Mann, den sie nicht kennt; der aber zumindest ein ganz reales Leben hat.

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