Polen:Angriff auf die Lizenz

Polen: TVN-Zentrale in Warschau.

TVN-Zentrale in Warschau.

(Foto: Czarek Sokolowski/AP)

Polens Regierung will den unabhängigen Fernsehsender TVN24 mit einem neuen Gesetz unter Kontrolle bekommen.

Von Florian Hassel

Polens Regierung, die von der nationalpopulistischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) geführt wird, will offenbar den unabhängigen Fernsehsender TVN24 verdrängen oder durch einen polnischen Mehrheitseigentümer unter Kontrolle bringen. TVN24 gehört dem US-Medienkonzern Discovery, PiS-Abgeordnete legten nun einen Gesetzentwurf vor, demzufolge Polens Rundfunkbehörde Sendelizenzen nur noch Sendern erteilen darf, die mehrheitlich im Besitz polnischer Eigentümer oder von Eigentümern aus dem europäischen Wirtschaftsraum sind. Wird der Entwurf Gesetz, hat TVN24 sechs Monate Zeit, um die Kontrollmehrheit zu verkaufen - mutmaßlich einem Staatskonzern wie der Ölfirma Orlen.

Die Regierung rechtfertigt das geplante Gesetz mit der angeblichen Notwendigkeit, den Kauf polnischer Medien durch Staaten wie Russland, China oder arabische Länder zu verhindern. Polnische Fachleute und TVN24 sind sich dagegen einig, dass das wahre Ziel des Gesetzentwurfes die Kontrollübernahme über TVN24 ist.

Seit die PiS Anfang 2016 das öffentlich-rechtliche Fernsehen TVP und das öffentlich-rechtliche Radio unter Kontrolle brachte und zu Propagandainstrumenten umbaute, ist TVN24 Polens einziger unabhängig berichtender Fernsehsender mit breitem Nachrichtenangebot, kritischer Berichterstattung und Raum für Oppositionspolitiker. PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński schrieb TVN24 schon 2007 die Schuld an einer Wahlniederlage zu. 2017 soll die PiS Discovery angeboten haben, TVN24 zu kaufen. Die Amerikaner lehnten ab. Danach wurde in der PiS über ein Gesetz diskutiert, das ausländische Beteiligung an polnischen Medienhäusern auf maximal 20 Prozent begrenzen sollte. Nach Warnungen durch die US-Regierung unter Präsident Trump unterließ es die PiS zunächst, gegen TVN24 vorzugehen. Diese Rücksichtnahme spielt seit der Wahl von Joe Biden zum US-Präsidenten und einem Abkühlen der Beziehungen offenbar keine Rolle mehr.

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