TV-Kritik: Rolf Eden:Ironie? Was ist das?

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Dörfler gelingt, woran Baumann scheitert: Einen Blick hinter die polierte Playboy-Fassade Edens zu werfen, wenigstens einige kleine Antworten auf das große Fragezeichen zu finden, das das penetrant zur Schau gestellte, angebliche Lebensglück dieses Mannes produziert: Alles ist immer phantastisch. Immer?

Sich Eden zu nähern, bedeutet auch, sich dem vielgescholtenen Konzept Playboy zu nähern. Der Berliner lebt nach einer Art Lehrbuch für Aufreißer. Er ist ein Meister des aggressiven Kompliments ("Ihre Augen könnte ich niemals vergessen"), und auf Frauen geht er zu wie ein Bombenhund auf verdächtige Koffer: begeistert und laut. Eden liebt keine - er liebt sie alle. Er trägt weiße Anzüge, verschenkt Sektflaschen der Marke "Rolf Eden" und: Er meint das bitterernst. Eden versteht keine Ironie, und er ist selber nie ironisch. Das geht so seit den Sechzigern. Die sind seit 50 Jahren vorbei, aber Eden ist noch immer dort.

In beiden Filmen surft Eden oft nicht mal an der Oberfläche, er schwebt einfach drüber. Auf Moralisten und Frauenrechtler wirkt so einer wie ein Scheißkerl. "Wenn der Po von einer zu klein ist", sagt Eden in Dörflers Film, "dann lass ich der was einbauen." Genau wegen dieser Einstellung ist es mit Eden zwar oft dieselbe Leier, aber nie langweilig.

In Baumanns Film ist Eden der desinteressierte, unsympathische Playboy, der er auch seit Jahren in der Boulevardpresse ist, und den man hin und wieder auch in Dörflers Film erkennt. Einer, der von der Krebserkrankung eines Bekannten nichts wissen will und die Mütter seiner Kinder bezahlt, um sie selbst nicht erziehen zu müssen. Nicht mal sein Filmpartner Praunheim interessiert ihn. Das Arte-Doppelporträt der Beiden wirkt wie ein zähes und sehr einseitiges Interview: Praunheim stellt eine Frage nach der anderen, Eden antwortet nur.

Doch wer den Alten in Dörflers Doku sieht oder gar mal selbst in seiner Villa in Dahlem getroffen hat, lernt auch die Gegenstücke kennen, lernt, dass er jenem Bekannten, der zum Zeitpunkt seiner Genesung finanziell ruiniert war, blitzschnell astronomische Summen schenkte, dass er als Jude den Deutschen verzieh, und mehr noch, ihnen mit seinen Westberliner Clubs einst das Tanzen beibrachte, dass er die eingemauerte Stadt vom Mief der Nazizeit befreite.

Umso erstaunlicher, dass ihm stets dieselben blöden Fragen gestellt werden, zuletzt eben von Praunheim, dem man aber keinen Vorwurf machen kann - er war ja nicht als Journalist eingeladen, sondern musste sich irgendwie behelfen, damit überhaupt etwas geredet wird. Auf seine Fragen kann der Playboy im Film aber nur so antworten, wie er es seit Jahren in allen Talkshows der Republik getan hat: Ja, Prostitution sei grundsätzlich gut, nein, Zwangsprostitution finde er nicht gut, das sei "unangenehm", ja, Potenzmittel nehme er, ja, Tripper habe er öfters gehabt. So weit, so fad.

Wahr ist aber auch, was man über Rolf Eden in Dörflers Film erfährt. Und das ist interessant: In den Fünfzigern gab es in Deutschland genau einen DJ. Der war weiblich und legte in Rolf Edens Club auf. Barbusig. Wer heute die Panorama Bar feiert, den Exzess in der Bar 25 und im Berghain, der muss Eden als Ahnherr der Berliner Party anerkennen. In seinen Läden flippten damals Klaus Kinski, die Stones und die Beatles aus.

Und Eden? Er hat immer noch Swing. Er schnipst mit den Fingern und lächelt, wenn er den Raum betritt. Es ist ein geliftetes Lächeln. Aber auch das ist besser als gar nicht zu lächeln. Dann singt er - im Film, im Leben, beim Autofahren. Es sind Schlager, von der Liebe und dem Leben. Ein großes, ein einzigartiges Leben.

Man erreicht Rolf Eden auf dem Handy, er ist mal wieder auf dem Weg in eine Talkshow. Wie er den Film von Peter Dörfler findet? Er lacht sein Playboy-Lachen: "Phantastisch!" Hätte man sich ja denken können.

Durch die Nacht mit Rolf Eden und Rosa von Praunheim, Arte, Nacht auf Mittwoch, 0.20 Uhr; The Big Eden, Kinostart: 26. Mai.

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