TV: Uwe Wöllner wills wissen:"Rasierst du dich überall?"

Christian Ulmen ist wieder als Uwe Wöllner unterwegs, ein kleiner Junge mit Oberlippenbart, der Poster von halbnackten Frauen liebt. Was wir sehen, sind ein paar fluffige Momente in einem Meer der augenzwinkernden Affirmation.

M. F. Serrao

Wer wissen will, wie sich Kommunisten begrüßen, muss Gregor Gysi fragen. Der Fraktionschef der Linkspartei steht vor einem dicklichen jungen Mann namens Uwe, der in einer speckigen Jeansjacke steckt und eine Busfahrerbrille im Gesicht trägt. Wie das gehe, also die Sache mit dem Gruß, will Uwe wissen. Gysi nimmt ihn den Arm und drückt Wange an Wange, erst die rechte, dann die linke. "So lange?", fragt der junge Mann. Später im Gespräch schlägt er Gysi vor, den Taliban doch mal einen Brief zu schreiben. Bringt nichts, sagt der. Wie, fragt Uwe nachdenklich, wäre es denn mit einem Brief, der den Islamisten, "diesen Vögeln", einen Kompromiss unterbreitet: "Keine Musik mehr nach 22 Uhr?" Gysi senkt theatralisch den Kopf.

Uwe Wöllner wills wissen, Folge 1

Uwe Wöllner, die Kunstfigut von Christian Ulmen, ist wieder unterwegs. Er trifft zum Beispiel Gregor Gysi und fragt ihn, ob man den Islamisten nicht einfach mal einen Brief schreiben könnte.

(Foto: rbb/David Gruschka)

Uwe Wöllner heißt der junge Mann mit vollem Namen. Er lebt trotz seines reifen Oberlippenbarts wie ein kleiner Junge, liebt Computerspiele und Poster von halbnackten Frauen. Der Grund, weshalb Gysi in Uwes gruseligem Kinderzimmer sitzt und sich dessen Fragen und Vorschläge anhört, heißt Christian Ulmen. Der 35-jährige Moderator, Autor und TV-Produzent gilt vielen als einer der lustigsten und mutigsten deutschen Medienmacher. Uwe Wöllner ist sein Geschöpf. Er spielt ihn - ohne Augenzwinkern.

Von diesem Freitag an (bis 19. November) strahlt der RBB wöchentlich um Mitternacht die Reihe Uwe Wöllner wills wissen aus. Neben Gregor Gysi konnte der Sender unter anderem den Blogger Sascha Lobo, den Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre und den Rapper Sido als Gäste gewinnen. Die kleine Show, die als Hörfunkversion auch bei Fritz läuft, der jungen Radiowelle des RBB, sei "irgendwo zwischen Anne Will und Ultimate Fighting" angesiedelt, schreibt der RBB. Das soll vermutlich frech klingen. Die vorab verschickten Fernsehausschnitte zeigen leider etwas anderes.

Da schaut zum Beispiel der Moderator Dieter Moor (Titel, Thesen, Temperamente) vorbei und wird gefragt, wie oft er seine Sendung aus Versehen "Titten, Thesen, Temperamente" nennt. Nie, sagt der Gast. Uwe kann's nicht glauben und erzählt, wie oft ihm so etwas in seinem kleinen Nerdleben schon passiert ist. Dieter Moor lacht. Es habe ihm großen Spaß gemacht, sagt er später. Auch Marco Schreyl ("Rasierst du dich überall?"), Leander Haußmann ("Gab's in der DDR Pornofilme?") und die Anderen finden Uwes Fragen zum Schießen.

Als Zuschauer, der die Arbeit von Christian Ulmen schon länger kennt und oft bewundert hat, geht es einem nicht ganz so. Und das liegt nicht daran, dass Ulmen seine 2005 erstmals in der grandiosen Datingshow Mein neuer Freund losgelassene Figur Uwe W. inzwischen ausgepresst hat wie einen Pubertätspickel - inklusive eigener Bundestagswahlshow (Uwe Wöllner hat kein' Bock) und eigenem Buch (Für Uwe). Das Problem ist die Show selbst: der Versuch, eine an sich subversive Erfindung wie Uwe Wöllner mit medial geübten, also überraschungsfreien Gästen zu konfrontieren. Und die Plattheit, so etwas als "außergewöhnlich" (RBB) zu verkaufen. Was wir sehen, sind ein paar fluffige Momente in einem Meer der augenzwinkernden Affirmation. Popkulturelle Verwurstung. Man kennt das. Von den anderen. Bei denen ist es egal. Bei Ulmen und um Uwe ist es schade.

Uwe Wöllner wills wissen, RBB, freitags auf samstags, 0.00 Uhr.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: