Süddeutsche Zeitung

TV-Tipps zum Wochenende:Zu Besuch

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Horror ermuntert zum Lachen, blauschlumpfige Wesen lehren uns Friedfertigkeit und ein Killer erweist sich als Lebensretter: Die schönsten Filme im aktuellen Fernsehprogramm sind mindestens so absurd wie das Leben.

Von Christoph Gröner

Haus aus Sand und Nebel

Drama, Servus TV, Samstag, 22.10 Uhr

Ein Film, der nach tiefer Wahrheit sucht und sich dabei nicht auf eine Seite schlägt. Eine Alkoholikerin verliert die Kontrolle über ihr Leben und damit das Haus ihrer Familie. Ein Exil-Iraner kauft es und versucht, ein neues Leben für sich und seine Familie aufzubauen. Beide Figuren sind durch das Spiel von Jennifer Connelly und Ben Kingsley facettenreich eingefangen, beide Leben werden vom Streit um das Haus zersetzt. Der Regisseur Vadim Perelman seziert den American Dream als ziemlich verzweifelte Suche nach einem Zuhause. Auch Der talentierte Mr. Ripley (Tele 5, Sonntag, 20.15 Uhr) geht nach einer Vorlage von Patricia Highsmith mit amerikanischen Werten hart ins Gericht - Matt Damon spielt ein soziales Chamäleon ohne Innenwelt. Als entwurzelter Amerikaner in Italien geht Ripley über Leichen, um zu den Reichen und Schönen zu gehören.

Avatar - Aufbruchn nach Pandora

Science-Fiction, Vox, Sonntag, 12.50 Uhr

Immerhin ein Jahrzehnt hat die Marke gehalten - James Camerons in Sci-Fi-Blau gekleidetes 3-D-Plädoyer für Umweltschutz wurde erst heuer als erfolgreichster Film entthront von Avengers: Endgame. Cameron schuf Bilder mit erstaunlicher Tiefenwirkung und reduzierte die Geschichte auf Archetypen. Das Rezept könnte bald wieder aufgehen: An vier Fortsetzungen wird gearbeitet, die bis 2027 ins Kino kommen und wieder mit technischen Neuerungen aufwarten sollen. So realistisch wie möglich gestaltete dagegen Christopher Nolan seine Batman-Filme: Möglichst wenig sollte aus dem Computer kommen, es gibt irrwitzige Massenszenen, die futuristischen Gefährte waren fahrbar konstruiert: The Dark Knight Rises war Nolans bislang letzter Ausflug ins Comicfach - ebenfalls ein Milliardenerfolg (Vox, Samstag, 20.15 Uhr).

The Visit

Mystery, ZDF Neo, Samstag, 23.55 Uhr

M. Night Shyamalan hat sich mit Sixth Sense den Ruf erarbeitet, die überraschendsten Auflösungen zu bieten - und ihn mit schwächeren Filmen wieder ramponiert, auch weil er sich zu ernst nahm. Diese verspielte Horrorgeschichte aber brachte ihm 2015 neue Fans. Zwei Kinder lernen erstmals ihre Großeltern kennen und dokumentieren ihren Ausflug per Videokamera. Aber Oma und Opa wirken bald ziemlich außer sich. Horror und Lachen liegen hier bisweilen nahe beieinander. Angenehm ernst nimmt Red Dragon die Vorgängerfilme um Hannibal Lecter. Der Thriller ist ein atmosphärisch sehr gelungenes Vehikel, um Anthony Hopkins nochmals in der Paraderolle als Kannibalen-Psychiater zu zeigen. Edward Norton, Philip Seymour Hoffman und Ralph Fiennes gehören ebenfalls zum Ausnahme-Cast (ZDF Neo, Samstag, 22 Uhr).

Die Filzlaus

Komödie, Arte, Sonntag, 20.15 Uhr

Köstlich wird der Film Noir veräppelt, Lino Ventura nimmt seine ganze Filmkarriere auf die Schippe. 1973 entstand die Komödie um den Killer Milan, der bei seiner Arbeit von einem Selbstmörder im Nebenzimmer gestört wird - Chansonnier Jacques Brel spielt seine letzte Kinorolle. Milan muss sich immer weiter in die tragischen Liebesgeschichten des Lebensmüden hineinziehen lassen, um seinen Auftrag noch zu erfüllen. Ungebrochen tiefschwarz bleibt die Stimmung in Kalifornia (Tele 5, Sonntag, 23 Uhr). Ein Paar ist davon fasziniert, die Orte von Gewaltverbrechen zu bereisen, und nimmt Anhalter mit: die falschen. Mit einer mörderischen Figur nahm Brad Pitt hier einen Imagewandel hin zu komplexeren Rollen vor. Das Spannungsverhältnis von Gewaltfaszination und Gewalt verhandelt der Film eindrucksvoll.

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Quelle:
SZ vom 09.11.2019
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