Süddeutsche Zeitung

TV-Tipps zum Wochenende:Wilde Mäuse im Taxi

Die Dinge laufen nicht gut. Höchste Zeit also, dass jemand die Sachen in die Hand nimmt. Nur laufen sie dann endgültig aus dem Ruder.

Von Christoph Gröner

Wilde Maus

Dramödie, Das Erste, Sonntag 23.50 Uhr

Tilda Swinton, Königin der Verwandlung, spielt hier eine kaltblütige, über den Tod anderer entscheidende Managerin. Wie sie versucht, sich im Bad Schweißflecken wegzuföhnen, ist bereits den ganzen Film wert. Seit Mitte der 1980er verblüfft sie ihr Publikum, so auch in Julia (3sat, Sonntag, 23.15 Uhr), wo sie ganz im Gegenteil eine Frau ganz unten spielt, eine brachiale Trinkerin - entblößt im Cassavetes-Stil. Beide Figuren stehen für Auswüchse des Spätkapitalismus, ob Selbstoptimierung oder Selbstverschwendung. Ein anderer perfekter (und absurd-blutiger) Hochfinanz-Kommentar ist Mary Harrons American Psycho (RTL 2, Samstag, 22.50 Uhr). Zuvor läuft Wall Street (RTL 2, Samstag, 20.15 Uhr). Der Finanzthriller war direktes Vorbild für nachfolgende Yuppie-Generationen, trotz seiner Konstruktion als Anti-Kapitalismus-Manifest. Vier Mal Kino der Gier.

Whiplash

Drama, RTL 2, Sonntag 20.15 Uhr

Damien Chazelle ist Hollywoods Wunderkind, jüngster Gewinner des Regie-Oscars (mit 32, für La La Land) und ein genauer Stratege. Sein Langfilm-Debüt Whiplash basiert auf einem Kurzfilm, beide prämiert in Sundance. Whiplash besteht aus nervöser Energie zwischen Lehrmeister J. K. Simmons und Miles Teller als angehendem Jazz-Drummer. Für Chazelle ein Startschuss, für den Regisseur eines anderen Kultfilms ging es hingegen bergab: Richard Kelly drehte Donnie Darko, ein esoterisches, originelles, bizarres Kinostück über den psychischen Abstieg eines Jugendlichen, was Jake Gyllenhaals Karriere begründete (Servus TV, Samstag, 22.30 Uhr). Danach landete er selbst beim Drehbuch. Shane Black indes war Hollywoods bestbezahlter Autor, ehe er mit Kiss Kiss Bang Bang actionreich debütierte (Sat 1, Nacht zu Sonntag, 0.20 Uhr).

Taxi Driver

Drama, ZDF Neo, Nacht zu Sonntag 1.40 Uhr

Robert De Niro ist jüngst für Martin Scorsese in The Irishman zur Höchstform zurückgekehrt. Zwischen der opportunistischen, nach innen gekehrten Figurenzeichnung dort und ihrem ersten gemeinsamen Riesenerfolg mit dem Charakter Travis Bickle liegen Welten. De Niro spielt einen völlig vereinsamten Taxifahrer, der Errettungsfantasien entwickelt und Gewalt in die US-Gesellschaft trägt, die ihn zunehmend wahnsinnig macht. Der Film gewann die Goldene Palme, wurde extrem kontrovers diskutiert und festigte Karrieren etwa von Jodie Foster, Harvey Keitel und Drehbuchautor Paul Schrader. Der De Niro der 1980er wurde dann softer: Eines der schönsten Beispiele dafür ist Zeit des Erwachens, in dem er als Patient nach Jahrzehnten aus einem Dämmerschlaf in einer veränderten Gesellschaft aufwacht (ZDF Neo, Samstag, 21.55 Uhr)

Michael Clayton

Politthriller, Servus TV, Samstag 20.15 Uhr

Tilda Swinton, Königin der Verwandlung, spielt hier eine kaltblütige, über den Tod anderer entscheidende Managerin. Wie sie versucht, sich im Bad Schweißflecken wegzuföhnen, ist bereits den ganzen Film wert. Seit Mitte der 1980er verblüfft sie ihr Publikum, so auch in Julia (3sat, Sonntag, 23.15 Uhr), wo sie ganz im Gegenteil eine Frau ganz unten spielt, eine brachiale Trinkerin - entblößt im Cassavetes-Stil. Beide Figuren stehen für Auswüchse des Spätkapitalismus, ob Selbstoptimierung oder Selbstverschwendung. Ein anderer perfekter (und absurd-blutiger) Hochfinanz-Kommentar ist Mary Harrons American Psycho (RTL 2, Samstag, 22.50 Uhr). Zuvor läuft Wall Street (RTL 2, Samstag, 20.15 Uhr). Der Finanzthriller war direktes Vorbild für nachfolgende Yuppie-Generationen, trotz seiner Konstruktion als Anti-Kapitalismus-Manifest. Vier Mal Kino der Gier.

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SZ vom 07.12.2019
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