Süddeutsche Zeitung

TV-Tipps zum Wochenende:Unter Fieslingen

"Milk", "Vera Cruz", "Shutter Island" und "Die Vorsehung": Das Filmwochenende im Fernsehen ist geprägt von Skrupellosigkeiten.

Von Fritz Göttler

Milk

Biopic, One, Samstag, 21.45 Uhr

Ein amerikanisches (Polit-)Märchen aus den Siebzigern, einer Zeit in Amerika, die so offen, dynamisch, verheißungsvoll war wie danach keine mehr. Harvey Milk, der gutbürgerlich ist und homosexuell, kandidiert für einen Posten in der Stadtverwaltung von San Francisco und gewinnt in einem Wahlkampf, der so mitreißend anders ist als das, was wir hierzulande in den letzten Jahren erlebten. Diversität ist in dieser Stadt so natürlich, in allen Richtungen, dass die schreckliche Einsamkeit des weißen mittelalten Mannes, dieses Gefühl, nirgends dazuzugehören, spürbar wird - und wie er mit dem Erfolg von Freund Harvey nicht zurechtkommt ... Gus Van Sant hat sich Jahre mit der Geschichte beschäftigt, 2008 konnte er den Film dann drehen, mit Sean Penn als Harvey und Josh Brolin als dem Gegenspieler.

Vera Cruz

Western, Arte, Sonntag, 20.15 Uhr

Ein Western für die Revolution aus dem Jahr 1954, Regisseur Robert Aldrich gehörte unter den ungestümen jungen Hollywoodianern damals zu den linken. Zwei Amerikaner in Mexiko, es geht um eine gewaltige Goldladung, die die französischen Besatzer unter Kaiser Maximilian und die Aufständischen um Benito Juarez haben wollen. Eine Lösung könnte sein, dass die zwei Amerikaner sie für sich schnappen! Burt Lancaster ist dabei im Vorteil, weil er schön skrupellos ist, Gary Cooper tut sich schwerer, er hat mal für eine Sache gekämpft, für die Südstaaten im amerikanischen Bürgerkrieg. Zur Bande gehört auch Charles Bronson (damals noch: Buchinsky), der auf fiese Vergewaltigung aus ist und dem Arte danach eine Dokumentation widmet. Sonntagfrüh gibt es, ebenfalls von 1954, Johnny Guitar von Nicholas Ray, den großen Western für die Liebe (Arte, Sonntag, 9.20 Uhr).

Shutter Island

Psychothriller, RTL 2, Samstag, 20.15 Uhr

Einer der traurigsten, ausweglosesten, kältesten Filme der letzten Jahre, 2010, von Martin Scorsese, nach dem Roman von Denis Lehane. Zwei Marshals, Leonardo DiCaprio und Mark Ruffalo, ermitteln in einer Anstalt für kriminelle Psychopathen auf einer Insel, vom Festland abgeschnitten durch einen Hurrikan: Wachpersonal in Uniform, dubiose Ärzte und Experimente, die Traumata des Weltkriegs sind nicht bewältigt. Der Film spielt 1954, ganz Amerika ist ein Gefängnis, unter der Hetze der Kommunistenjäger des Senats. Ein klassischer Psycho-Thriller ist Ein Köder für die Bestie / Cape Fear, 1962, von J. Lee Thompson. Robert Mitchum terrorisiert die Familie von Gregory Peck, weil der ihn wegen Vergewaltigung ins Gefängnis brachte (Tele 5, Sonntag, 22.55 Uhr). Scorsese hat 1991 ein Remake gedreht, mit Robert De Niro als Psychopathen.

Die Vorsehung

Krimi, Sat 1, Samstag, 22.35 Uhr

Wie in Shutter Island entwickelt sich in Afonso Poyarts Solace (2015), so der Originaltitel, eine polizeiliche Untersuchung, die Jagd auf einen Serienkiller, zu einem Psycho-Drama. Mittendrin Anthony Hopkins, der damals für jede Absurdität zu haben war, erst recht, wenn sie an seine Oscar-Rolle 1991 in Das Schweigen der Lämmer erinnert. Hier ist er ebenfalls ein Amateur-Ermittler, der von den Profi-Cops angefragt wird, ein Hellseher, der merkt, dass auch der Mörder seherischen Fähigkeiten hat, und gar bessere! Wie immer bei Hopkins hat das Böse komische Züge. Später inszeniert dann John Boorman das Böse als Spektakel, als Heuschreckenplage, in Exorzist II - Der Ketzer, 1977. Richard Burton ist hier der investigative Priester, er fährt in die Heimat des Dämons Pazuzu und reißt das düstere Kammerspiel weit auf (Sat 1, Nacht zu Sonntag, 4.05 Uhr).

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