TV-Serien:Was macht HBO nach "Game of Thrones"?

TV-Serien: Jon Snow (Kit Harington) lebt zwar, bei HBO wird er dennoch nicht mehr lang zu sehen sein.

Jon Snow (Kit Harington) lebt zwar, bei HBO wird er dennoch nicht mehr lang zu sehen sein.

(Foto: HBO/Sky)

Mit "Game of Thrones" erzielt der US-Bezahlsender seit Jahren Rekordquoten. Aber die Serie geht zu Ende, HBO muss den Abonnenten bald Neues bieten. Das wird nicht so einfach.

Von Jürgen Schmieder

Der Winter ist da. Das ist die Botschaft der jüngsten Staffel der Fantasyserie Game of Thrones, die gerade zu Ende gegangen ist. Nach einer eher gewöhnlichen fünften Spielzeit ist das Geschacher um den Eisernen Thron wieder intensiver geworden, die Serie beschäftigt sich wieder mit der übergeordneten Frage, wer am Ende die sieben Königreiche von Westeros gegen die Bedrohung aus dem eisigen Norden beschützen wird. Dieses Ende ist nah; Erfinder David Benioff hat bereits angekündigt, dass insgesamt noch 13 Folgen geplant sind, die sich auf zwei verkürzte Spielzeiten verteilen sollen: "Es soll eine große Geschichte sein. Wir wollen sie nicht künstlich verlängern, nur weil sie den Leuten gefällt. Wir nähern uns definitiv dem Endspiel." Zwei Jahre noch, dann ist diese Geschichte endgültig auserzählt.

Beim amerikanischen Bezahlsender HBO fragen sich die Verantwortlichen deshalb, was denn passieren wird, wenn der Winter vorbei ist. Seit dem Start von Game of Thrones im Jahr 2011 ist die Zahl der Abonnenten in den USA um 16 Prozent gestiegen, der Umsatz des Unternehmens um knapp 500 Millionen auf mittlerweile 5,6 Milliarden Dollar gewachsen, der Gewinn lag im vergangenen Jahr bei 1,9 Milliarden Dollar. Die Serie ist eine der wenigen, die sich der Ich-gucke-wann-immer-ich-will-Mentalität der Zuschauer entzieht, die Fans wollen neue Folgen angesichts der sich rasch entspinnenden Debatten über Handlungsstränge keinesfalls verpassen: In den USA sahen die letzte Episode der aktuellen Staffel 8,9 Millionen Menschen live, durchschnittlich sahen 23,3 Millionen Amerikaner die einzelnen Folgen innerhalb von sieben Tagen nach der Premiere. Auf einem Pay-TV-Kanal, wohlgemerkt.

Was also wird kommen? "Ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung", sagte der HBO-Programmchef

Einschaltquoten können einem Bezahlsender freilich egal sein, nicht aber die Zahl der Abonnenten. HBO hat sich über Jahre durch herausragende oder popkulturell relevante Serien wie Sex and the City, The Sopranos oder True Detective einen exzellenten Ruf erarbeitet; weltweit 131 Millionen Menschen sind für das Programm zu zahlen bereit. Game of Thrones allerdings spielt, bei allem Respekt für die anderen Serien, in einer anderen Liga: Das Fantasyepos hat 26 Emmy Awards gewonnen, im vergangenen Jahr gab es mit zwölf Auszeichnungen (unter anderem als beste Dramaserie) einen neuen Emmy-Rekord.

Aber die Branche hat sich enorm verändert, seit Game of Thrones 2011 erstmals zu sehen war. Bis vor wenigen Jahren konkurrierte HBO im Bezahlsegment nur mit anderen Pay-TV-Angeboten, jetzt gibt es Streamingdienste wie Netflix, Hulu oder Amazon, die ebenfalls Milliarden Dollar pro Jahr für eigene, hochwertige Inhalte ausgeben. HBO brauche Shows, "die so grandios sind, dass sie der Marke weiter Glanz verleihen", sagt Doug Creutz von der Analysefirma Cowen & Co: "Game of Thrones hat in den vergangenen Jahren alles andere überstrahlt."

Was also wird kommen? "Ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung", sagte Michael Lombardo, langjähriger HBO-Programmchef, noch vor ein paar Wochen. Das Unternehmen sei vor neun Jahren in einer ähnlichen Situation gewesen, als die letzte Folge von The Sopranos ausgestrahlt wurde: "Wir mussten damals ein Risiko mit neuen Projekten eingehen. Game of Thrones war aufgrund der enormen Produktionskosten (Anm. d. Red: Jede Folge der vergangenen Staffel kostete etwa sechs Millionen Dollar) ein großes Wagnis. Es kann nicht alles funktionieren, was man versucht, aber in diesem Fall hat es sich auf jeden Fall gelohnt." Möglich, dass Lombardo den Erfolg der HBO-Serien künftig noch direkter als bislang beeinflussen wird: Im Juni übergab er die Geschäfte an einen Nachfolger, künftig will er selbst als Produzent für den Sender tätig sein.

Sie suchen schon fieberhaft bei HBO

Bereits geplant sind bislang Projekte mit der Sex-and-the-City-Hauptdarstellerin Sarah Jessica Parker, eine Dschihadismus-Serie von Oscar-Gewinnerin Kathryn Bigelow (Zero Dark Thirty) und eine von True-Detective-Erfinder Nic Pizzolatto - eventuell gibt es dafür aber keine dritte Staffel der Krimiserie. Im Oktober soll endlich auch Westworld ausgestrahlt werden, eine Serienfassung von Michael Crichtons Science-Fiction-Film aus den Siebzigern. Die Premiere wurde so lange verschoben, dass es schon Zweifel daran gab, ob die Serie mit Anthony Hopkins jemals zu sehen sein würde. Dagegen sind Ideen von David Fincher (Gone Girl, Fight Club) und eine Miniserie von Steve McQueen (12 Years a Slave) tatsächlich auf Eis gelegt. Und die Serie Vinyl, mit einem 100-Millionen-Dollar-Budget produziert von Martin Scorsese und Mick Jagger, floppte und wurde nach einer Staffelabgesetzt.

"Wir dürfen nicht versuchen, früheren Erfolg zu kopieren, sondern müssen mit neuen Projekten noch erfolgreicher sein", sagt Lombardo: "Es wird immer Serien geben, die nicht funktionieren. Wir haben die Latte ziemlich hoch gelegt - und wir müssen nun versuchen, sie zu überspringen." Sie suchen fieberhaft bei HBO, noch gibt es keinen Grund zur Panik. Game of Thrones läuft noch zwei Jahre. Der Winter hat gerade erst begonnen.

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