Süddeutsche Zeitung

TV-Serien in USA:Die Deutschen kommen

Deutsche Schauspieler hatten im Hollywood-Kino jahrzehntelang vor allem eine Rolle - die des Bösen. Doch im US-Fernsehen tauchen immer mehr Anspielungen auf Deutschland und deutsche Stereotype auf. Was sollen diese Referenzen?

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es war in der vierten Episode der neuen Fernsehserie "Sleepy Hollow": Protagonistin Jenny ist auf der Suche nach einer geheimen Waffe, sie findet in einer Hütte einen Sextanten, durch den sie in den Besitz einer Landkarte mit der Position der Waffe kommt. Kurz darauf tauchen die Bösewichter auf, es sind gruselige und grausame Gestalten - sie kommen aus Deutschland.

Natürlich, mag der erfahrene Zuschauer amerikanischer Filme und Fernsehserien nun denken, es ist wie immer: Wenn Hollywood besonders widerliche Gauner braucht, dann stammen sie nicht aus Frankreich oder Italien, schon gar nicht aus Dänemark oder der Schweiz. Es sind die Deutschen. Wer sonst? Diese Strategie verhilft Thomas Kretschmann seit 15 Jahren zu ansehnlichen Rollen in Hollywood-Produktionen, sie hat Christoph Waltz (ja wir wissen es: er ist Deutscher und Österreicher) zu zwei Oscars für seine Rollen in "Inglourious Basterds" und "Django Unchained" verholfen.

Witzig, skurril, nachdenklich

Dieser Eindruck stimmt natürlich nicht - erst einmal deshalb, weil Waltz seine beiden Trophäen aufgrund seiner herausragenden darstellerischen Fähigkeiten gewonnen hat. Zum anderen haben sich die Referenzen auf Deutschland vor allem in Fernsehserien deutlich gewandelt, die negative Konnotation ist beinahe verschwunden: Die Anspielungen sind witzig, skurril - bisweilen sogar nachdenklich.

Vor allem die Serie "How I Met Your Mother" ist voller kleiner Anspielungen: Der Protagonist Ted Mosby zitiert mit Vorliebe deutsche Autoren wie etwa Bertolt Brecht, in der ersten Staffel zieht seine Freundin Victoria nach Deutschland um. Barney Stinson gibt an, gerne mit deutsche Frauen zu schlafen, er spricht immer wieder deutsch und trägt in einer Folge ein T-Shirt mit der Aufschrift: "Die neue Wohnung".

In der siebten Staffel trifft Ted auf Klaus, der behauptet, dass es in Deutschland einen Begriff gebe, der "lebenslanger Schicksalsschatz" heiße. Danach überzeugt er Ted, sich nicht mit einer Frau zufriedenzugeben, die seiner Traumfrau sehr nahe kommt, sondern dass er seine noble Suche nach der einen, für ihn bestimmten Frau fortzusetzen habe. Der Rat des Deutschen wird zu einem wichtigen Moment in Teds Leben.

Zu den lustigsten Folgen der Serie gehört die Episode, in der Barney seine Fähigkeit verliert, mit Frauen zu flirten - und deshalb auf einer Party des Unterwäscheherstellers Victoria's Secret grandios scheitert, Heidi Klum für sich zu gewinnen. Die tröstet ihn und sagt, in Deutschland würde man Barneys Durststrecke so umschreiben: "Ach du meine Güte, nichts klappt mehr, überhaupt gar nichts mehr. So eine Scheiße."

Auch der Produzent Chuck Lorre scheint eine Vorliebe für Deutschland zu haben: In seiner Serie "Two and a Half Men" trank Protagonist Charlie Harper jahrelang deutsches Bier, in der Show "The Big Bang Theory" lässt er Sheldon Cooper zunächst damit prahlen, Gastprofessor an der Uni in Heidelberg gewesen zu sein. Später verkleidet sich Sheldon in bajuwarischer Tracht, hält eine Bayern-Flagge hoch und sagt in John-F.-Kennedy-Deutsch: "Ick bin ein Bavarian!"

Und es gibt noch mehr Beispiele: In "30 Rock" verkauft die Protagonistin Liz Lemon den amerikanischen TV-Sender NBC an ein deutsches Unternehmen, es wird in zahlreichen Serien darauf angespielt, dass David Hasselhoff in Deutschland tatsächlich eine Karriere als Musiker hatte und bisweilen immer noch verehrt wird. In der Serie "Scrubs" läuft sogar deutsche Musik, Nenas "99 Luftballons".

Warum ist das so? Warum gibt es all diese niedlichen Referenzen auf Deutschland in US-Fernsehserien?

Einen Grund dafür nennt - Achtung, kleiner Spoiler-Alert - Barney Stinson in der aktuellen Staffel von "How I Met Your Mother": Er referiert über den "Bro Code", das Buch mit Regeln für beste Freunde. Das liege nun in Hotelzimmern aus, sei auf allen Flügen innerhalb der USA erhältlich - auch bei Lufthansa: "Der Bro Code ist nämlich ziemlich berühmt in Deutschland."

Nicht nur der "Bro Code" ist berühmt in Deutschland, sondern auch die Fernsehserien, in denen es diese Anspielungen gibt. "Deutschland ist ein extrem wichtiger Markt - sowohl für Filme als auch Fernsehserien", sagt Regisseur Paul Feig. Die kleinen Anspielungen seien eine Hommage an die deutschen Zuschauer, so manche Serie werde nämlich erst durch die internationale Vermarktung profitabel. Gerade Deutschland spiele dabei eine wichtige Rolle, betont Feig.

Es ist also ein lieb gemeinter Gruß an das deutsche Publikum, vielleicht gar ein Dankeschön - außer natürlich, die Produzenten von "Sleepy Hollow" brauchen gruselige und grausame Bösewichter. Die kommen nach wie vor auch aus Deutschland.

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