Fernsehen und Streaming:Das sind die Serien des Monats

In "Pose" spielen erstmals schwarze Transfrauen die Hauptrollen, die packende True-Crime-Doku "Lorena" erinnert an #Aufschrei und #MeToo und "Umbrella Adademy" macht es dem Publikum zu leicht.

Von SZ-Autoren

1 / 9

Matrjoschka (Netflix)

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Quelle: SZ

Die Netflix-Serie Matrjoschka verbindet das zeitgeistige Gefühl New Yorker Sitcoms mit der Struktur von Zeitschleifenfilmen wie Und täglich grüßt das Murmeltier: Die Protagonistin Nadia (Natasha Lyonne) muss ihren 36. Geburtstag immer wieder feiern.

Dass die Serie funktioniert, liegt nicht nur an der tollen Hauptdarstellerin, sondern auch an der verspielten Kamera und dem unruhigen Schnitt, die dem Ganzen Tempo verpassen. Das Zeitschleifen-Konzept läuft nicht im immer gleichen Rhythmus und lässt einzelne Schleifen über die Folgen hinauslaufen. So bleibt Matrjoschka hochspannend.

Lesen Sie hier die ausführliche Kritik von Jakob Maurer.

2 / 9

Killing Eve (Amazon Starz Play)

killing eve

Quelle: amazon

Eine Leiche bringt zwei unterforderte Frauen zusammen: Eve Polastri (Sandra Oh, unten), gelangweilte MI5-Mitarbeiterin mit Instinkt, aber leider nur einem Bürojob. Und Villanelle (Jodie Comer), perfektionistische Auftragskillerin, die endlich mal jemanden auf ihrer Fährte wissen will. Killing Eve ist ein Katz-und-Maus-Spiel, das sich überschwänglich loben ließe: Wegen der überraschenden, oft sarkastischen Dialoge und dem punktgenauen Timing. Wegen der Kamera, die den Protagonistinnen so nahekommt, dass eine fast schon überzeichnete Intimität entsteht. Wegen ihres Tempos. Wegen des Soundtracks und der Ausstattung, die zwischen Grandeur (Villanelles Pariser Appartement) und Tristesse (das Londoner Quartier der Ermittlung) kein noch so winziges Detail vernachlässigt. Aber die besondere Stärke der Serie sind ihre vielen, fein gezeichneten queeren Charaktere. Phoebe Waller-Bridge versteht es, mit den Motiven des Agententhrillers so liebevoll und geschickt umzugehen, dass sie in Killing Eve weder zur Persiflage geraten, noch ins Klischee verfallen.

Kathrin Heinrich

3 / 9

Romance is a Bonus Book (Neflix)

Lee Na-young and Lee Jong-suk in Romance is a Bonus Book (Photo Courtesy of Netflix)

Quelle: Netflix

Netflix hat außerdem das K-Drama für sich entdeckt, wie die südkoreanische Telenovela Romance is a Bonus Book zeigt.

Elf Jahre lang haben sich die alten Schulfreunde Eun-ho und Dan-i nicht gesehen. Sie ist mittlerweile eine geschiedene Mutter in finanziellen Nöten, er ein brillanter Autor und Professor für Literatur. Dieses Wiedersehen erzählt die Serie mit slapstickartigem Humor. Zwischendurch gibt es reichlich Schmachtmomente, Zeitlupen, kitschige Musikuntermalung, denn, klar, dass Romance im Titel der Serie steht für das, was sich zwischen Eun-ho und Dan-i, diesen beiden Seelenverwandten, schließlich entwickelt.

Lesen Sie hier die ausführliche Kritik von Aurelie von Blazekovic.

4 / 9

The Umbrella Academy (Netflix)

Netflix zeigt Serie 'The Umbrella Academy'

Quelle: dpa

Der exzentrische Milliardär Reginald Hargreeves stirbt. Seine sieben Adoptivkinder sind nicht allzu bestürzt darüber. Denn Hargreeves interessierte sich nie für sie selbst, sondern nur für ihre magischen Kräfte. In seiner "Umbrella Academy" bildete er die sieben zu Superhelden aus, sie wurden zu Kinderstars.

Die Vorlage zu The Umbrella Academy bildet die gleichnamige Comicserie des Kopfs der Band My Chemical Romance, Gerard Way. Die erste Staffel lebt von einer Comicwelt, die viel schräger ist als etwa Marvels Blockbuster. Ein sprechender Affe ist eine der weniger seltsamen Erscheinungen. Allerdings ahnt man als Zuschauer zu früh, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln könnte, die erzählerisch wie eine in die Länge gestreckte Vorgeschichte wirkt.

Lesen Sie hier die ausführliche Kritik von Benedikt Frank.

5 / 9

Pose (Netflix)

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Quelle: Sarah Shatz/FX

Pose taucht tief ein in die New Yorker Subkultur namens "Ballroom", die bis heute existiert und die 1990 erstmals weltweit zum Gespräch wurde, als nämlich der Kultdokumentarfilm Paris is Burning die Tür zu ihren opulenten Bällen weit aufstieß. Dass verschiedene "Häuser" in New York spätnachts in dramatischen Kostümierungen um Trophäen und Status konkurrieren und dass die schwarzen und latino-amerikanischen Schwulen, Transfrauen und Dragqueens, die sich in diesen Häusern organisieren, aus den Modelposen, wie sie in Magazinen wie Vogue zu sehen sind, einen Tanzstil erschaffen - das "Voguing" - darüber staunte die Welt damals.

Pose malt nun, quasi als fiktionales, auf acht Folgen gestrecktes Pendant zu Paris is Burning, den Alltag in dieser Community zu dieser Zeit aus. Die Serie ist ein historischer Erfolg, nicht allein, weil in ihr erstmals schwarze Transfrauen die Hauptrollen spielen, sondern auch, weil sie auf vorbildliche Weise die Subkultur, von der sie erzählt, in die Produktion eingebunden hat.

Lesen Sie hier die ausführliche Kritik von Jan Kedves.

6 / 9

Lorena (Amazon)

Lorena

Quelle: Amazon

In einer Nacht im Juni 1993 nimmt Lorena Bobbitt ein Küchenmesser und schneidet ihrem Ehemann John Wayne Bobbitt den Penis ab. Das Glied wird später gefunden und von Chirurgen wieder angenäht. Der Fall ist sofort ein Medienereignis. Hinter Skandallust und Lächerlichkeit stößt der Fall allerdings auch eine grundsätzliche landesweite Diskussion über häusliche Gewalt an. Denn Lorena Bobbitt wirft ihrem Mann regelmäßige Vergewaltigung und Misshandlungen vor.

Die Amazon-Doku Lorena lässt Lorena und John Wayne heute neben Anwälten, Jurymitgliedern und Journalisten zu Wort kommen und bedient sich am umfangreichen Originalmaterial. Lorena ist nicht nur eine packende True-Crime-Doku, die bisweilen selbst ins Voyeuristische abgleitet. Interessant wird sie vor allem, weil sie stets die Gegenwart miterzählt. Sie erinnert an #Aufschrei und #MeToo, an die mediale Gier nach Aufregung, klaren Helden und Schurken. Sie zeigt Mentalitäten und Mechanismen auf, die damals wie heute existieren.

Lesen Sie hier die ausführliche Kritik von Benedikt Frank.

7 / 9

Weird City (Youtube Premium)

Stills aus YouTube Original "Weird City"

Quelle: Lisa Rose/YouTube Premium

Mit Weird City kommt jetzt eine Anthologieserie ins Programm von Youtubes kostenpflichtigen Abodienst. Thematisch bedient sie sich ganz offensichtlich am aktuellen Vorbild dieser Form, in der jede Episode für sich steht: an der Science-Fiction-Serie Black Mirror - aber als Comedy.

Dazu spendiert Youtube der Serie eine ganze Menge bekannte Gesichter: In der Premierenfolge lernen sich auf seltsame Weise etwa Teen Wolf Dylan O'Brien und Ed O'Neill kennen, der Al Bundy in Eine Schrecklich nette Familie gespielt hat. Auch wenn die halbstündige erste Folge nicht so fesselnd ist wie viele Episoden von Black Mirror, hat sie eine Botschaft, die im sympathischen Kontrast zur depressiven Dauerdystopie steht: Nicht die Menschen versagen, sondern die Technik - und das macht aber nichts, man muss sie ja nicht ernst nehmen.

Lesen Sie hier die ausführliche Kritik von Benedikt Frank.

8 / 9

Dirty John (Netflix)

Dirty John - Season 1 -- Serien Stills Netflix

Quelle: Michael Becker/Bravo

Dirty John beruht auf dem investigativen Podcast des Journalist Christopher Goffard über den realen Fall des Heiratsbetrügers John Meehan. Eines seiner Opfer war Debra Newell. Sie und ihre Familie haben für den Podcast offen darüber gesprochen. Die Serie fiktionalisiert ihre Geschichte und spitzt sie zu.

Debras Welt gleicht einem Hochglanzmagazin für Inneneinrichtung. Als Chefin einer Firma für Innendesign in Los Angeles kann sie sich ein Loft, einen Tesla und Designer-Kleider leisten. Die Rolle von John Meehan ist da schwieriger. Im Podcast bekommt man durch die Interviewpartner, die der Journalist Christopher Goffard befragt hat, ein widersprüchliches Bild des mysteriösen John. In der Serie verkörpert Eric Bana den Mann dagegen etwas eindimensional als ultimativen Romantiker. Nach beiden Versionen von Dirty John ist man jedenfalls gegenüber dem gehörten Heiratsschwindler vorsichtiger als gegenüber dem gesehenen.

Lesen Sie hier die ausführliche Kritik von Michael Kohl.

9 / 9

Mysterious Mermaids (Pro Sieben)

Mysterious Mermaids - Wer bist du? / Die Schwester / Interview mit einer Meerjungfrau

Quelle: Disney/Sergei Bachlakov

Mysterious Mermaids hat mit der fröhlichen Zeichentrickwelt einer Arielle nichts zu tun. DieHauptfigur, die Meerjungfrau Ryn (Eline Powell), zieht nicht die Sehnsucht nach ihrem Traumprinzen an Land, sondern der Umstand, dass ihre Schwester vom Militär entführt wurde. Die Serie will vieles sein: Monster- und Actionfilm, Paranoia-Thriller und ökologische Fantasy.

Die Themen sind zwar rhythmisch verwoben, aber auch beliebig. So passiert zwar immer etwas Neues, durch rätselhafte Lücken bei Handlungen und Motivationen der Protagonisten ist die Serie aber qualitativ näher am Fischstäbchen als am Biowildlachs.

Lesen Sie hier die ausführliche Kritik von Benedikt Frank.

© SZ.de/luch/cag
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