"Sophie Cross - Gefährliche Dünen":Ermittlerin in eigener Sache

Sophie Cross - Gefährliche Dünen: Teuflischer Plan

Sophie Cross (Alexia Barlier, Mitte) gibt ihren Anwaltsberuf auf und wechselt in den Polizeidienst, ausgerechnet in die Dienststelle, die von ihrem Mann Thomas Leclercq (Thomas Jouannet, 2. v. li.) geleitet wird.

(Foto: Sofie Gheysens/obs)

Sophie Cross mischt als Polizeispürkraft in der ARD Belgiens Küste auf - und fährt dabei zweigleisig. Das Setting hat Charme, kommt aber vom hölzernen Reißbrett.

Von Christine Dössel

Sophie Cross, das ist ein griffiger Name für eine Ermittlerin, kurz und zackig wie Irene Huss oder Sarah Lund. Die taffen Kommissarinnen heißen ja nie Lindemann-Schnarrenberger oder Von der Howen. Dabei würde Sophie Cross so ein Name gut stehen, fällt sie als wohlsituierte Juristin, Ehefrau des Polizeichefs und gepflegte Erscheinung doch deutlich aus dem üblichen Ermittlerinnen-Raster heraus.

Eingeführt wird sie in der (vorerst) dreiteiligen ARD-Krimiserie Sophie Cross - Gefährliche Dünen joggend am belgischen Nordseestrand: sportlich, blond, gut aussehend, gespielt von der Französin Alexia Barlier. Die Kamera zeigt einen Traumbungalow am Meer. Darin ein liebevoller Mann am Frühstückstisch, attraktiv auch er, ein Sechsjähriger komplettiert das familiäre Glück. Wow. Alles perfekt bei dieser Frau.

Sie nutzt den neuen Job, um nach ihrem Kind zu fahnden

Dann verschwindet das Kind. Plötzlich und ohne jede Spur. Das ändert alles und gibt dem Plot die entscheidenden beiden Handlungslinien. Sophie gibt ihren Beruf als Strafverteidigerin auf und ist drei Jahre später Polizistin - natürlich eine mit besonderem Feingespür und besonderen Kontakten, was ihr auch Ärger einhandelt. Dass sie just in der Dienststelle arbeitet, die ihr Mann Thomas leitet (Thomas Jouannet), erhöht das Konfliktpotenzial.

Sophies radikaler Wechsel auf die andere Seite ("zu den Guten") hat natürlich mit ihrem Schicksalsschlag zu tun. Sie nutzt den neuen Job, um nach ihrem Sohn zu fahnden. So ermittelt sie in jeder Episode zweigleisig, als Kommissarin im jeweils aktuellen Verbrechensfall und als Mutter in eigener Sache.

Tolle Dünen, tolles Meer. Nur mit dem Rest ist es nicht so weit her

Das hätte Potenzial bergen können, zumal das Team um den belgischen Regisseur Frank Van Mechelen (Salamander) für Serienqualität steht. Das Drehbuch haben Paul Piedfort (Professor T.) und Marie-Anne Le Pezennec geschrieben. Doch ein Leuchtturm in der Flut der Küstenkrimis ist diese Serie nicht, dafür watet sie zu sehr in den Seichtgebieten konfektionierter Fernsehware. Es handelt sich um eine deutsch-französisch-belgische Produktion mit hauptsächlich französischem Cast. Aus Deutschland ist der Schauspieler Wanja Mues (Ein Fall für zwei) dabei, er spielt den Pathologen Alexander Brandt, den sie "den verrückten Germanen" nennen.

Gedreht wurde an der flämischen Küste, in Ostende und Umgebung, einiges in Brüssel. Tolle Dünen, tolles Meer. Nur mit dem Rest ist es nicht so weit her.

Die Kriminalfälle wirken extrem konstruiert und sind nach jeder Folge so schnell vergessen, wie sie ihre Wendung hin zur Auflösung nahmen. Wobei nie so ganz klar wird, worin eigentlich Sophies behauptete Überfliegerqualität als "Praktikantin" besteht. Die Serie nimmt sich keine Zeit, Figuren und Situationen zu entwickeln, keine Zeit für den behaupteten Schmerz, keinen Blick für Verschrobenheiten und Details, obwohl inzwischen bekannt sein dürfte, dass gerade darin ein Erfolgsrezept für Seriensogkraft liegt. Hier merkt man den Charakteren ständig ihre Erfindung am Reißbrett an. Dass die Dialoge gekünstelt wirken, mag zum Teil an der miesen Synchronisation liegen, hat aber auch mit dem offensiven, auf Deutlichkeit getrimmten Spiel zu tun.

Zum Beispiel der explosive Gabriel Deville, der das Ermittlerteam leitet (Cyril Lecomte): Typ kleiner Adrenalin-"Bulle" mit Grauzonenerfahrung und einem Gesicht wie Willem Dafoe. Psychologische Unterfütterung: keine. Oder Sophies Kollegen Amina (Mariama Gueye) und Fred (Oussama Kheddam), zwei Turteltäubchen im Dauerclinch - eigentlich die Sympathieträger der Reihe, er gutmütig-naiv, sie möchtegern-cool, als solche für die Komik zuständig. Schade nur, dass sie immer auf Pointe spielen. Auch Alexia Barlier ist keine Protagonistin, die zu faszinieren vermag. Ihre Sophie ist eine Frau ohne Ecken und Kanten, mit maximal drei Gesichtsausdrücken. Könnte trotzdem sein, dass sie wiederkommt. Der Cliffhanger am Schluss lässt darauf schließen.

Sophie Cross - Gefährliche Dünen, ARD-Mediathek.

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