Vielleicht liegt es an den Sommerferien, aber der Wahlkampf läuft bislang mehr als schleppend. Ein Blick ins TV-Programm vermittelt einen anderen Eindruck - auf allen Kanälen diskutieren Spitzenpolitiker mal unter sich, mal mit dem Wähler. Besonders auf die jungen Zuschauer scheinen es die Fernsehsender abgesehen zu haben. Eine Auswahl der interessantesten Sendungen kurz vor der Wahl.
Kiffen, Wäsche waschen - und jetzt?
Das Timing passt: Die zweite Staffel von Benjamin von Stuckrad-Barres Polit-Talk, in dem FDP-Mann Martin Lindner schon mal einen Joint geraucht und Günther Beckstein Wäsche gewaschen hat, widmet sich gleich zum Auftakt der Bundestagswahl. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, CSU-Familienpolitikerin Dorothee Bär und Piraten-Geschäftsführerin Katharina Nocun könnten in der laut Spiegel "schrägsten und intelligentesten Polit-Talkshow im deutschen Fernsehen" für Zündstoff sorgen. Produziert wird die Sendung von Christian Ulmen. Und eines konnte Stuckrad-Barre schon feststellen: "Alte Herren von der CSU sind offenbar genau unser Schnack."
"Stuckrad-Barre" bei Tele 5:Ewig halbfertiges Pilotprojekt
Benjamin von Stuckrad-Barre ist mit der zweiten Staffel seiner Sendung zurück im TV. Mit SPD-Politiker Karl Lauterbach macht er Liegestütze und spuckt Kirschkerne - und präsentiert seine größte Stärke, die dem Prinzip von Polit-Talkshows völlig zuwiderläuft.
Stuckrad-Barre, Tele 5, Donnerstag, 22.August 2013, 23.15 Uhr
Rapper, Model und Schauspielerin im Wahlkampf
Jung gestaltet auch ProSieben sein Wahl-(TV-)Programm und schickt eine illustre, hippe "Task Force" nach Berlin: Reggae-Musiker Gentleman, Choreografin Nikeata Thompson aus der Sendung Got to Dance, Pro-Sieben-Strahlehäschen Rebbeca Mir und Schauspielerin Sophia Thomalla werden mit zum Teil schon sehr platten Wählerfragen auf Spitzenpolitiker losgelassen. "Sind die Piraten quasi auf Drogen, wenn sie ihre Wahlprogramme machen", fragt Rebecca Mir im Trailer zur Sendung. Vielleicht funktioniert's.
"Task Force Berlin" bei Pro Sieben:Ohne uns
Ein paar Prominente vom Musiker bis zum Model plaudern zuerst mit Jungwählern und tragen deren Wünsche dann weiter an "die Politiker". Stellenweise ist das unterhaltsam. Doch so richtig schafft es die Sendung nicht, den jungen Nichtwählern Gehör zu verschaffen - auch, weil diese kaum zu Wort kommen.
Task Force Berlin, ProSieben, 26. bis 29. August 2013, jeweils 23.05 Uhr
Am Tisch mit dem Wähler
Peer Steinbrücks Auftritt in der RTL-Sendung Am Tisch mit ... ging in die Hose. Ziellos, inhaltsleer, abgeschmackt wirkte die Diskussionsrunde, in der der SPD-Kanzlerkandidat im Gegensatz zu den anderen am Tisch sogar eine gute Figur machte. Sechs ausgewählte Bürger bildeten einen "RTL-Wählerrat" und konfrontierten den Kanzlerkandidaten mit ihren Fragen. Demnächst ist die Kanzlerin dran. Hoffentlich tut die Bürgernähe nicht auch bei ihr weh.
"Meine Wahl - An einem Tisch mit Angela Merkel":Kuschelrock mit der Kanzlerin
Steinbrück wurde verhauen, Merkel wird umarmt: Auch die zweite Folge der Pseudo-Polit-Show "Meine Wahl" von RTL ist zum Fremdschämen. "Echte Bürger" sollen der Kanzlerin ihre Fragen stellen. Sie wollen aber lieber mit ihr in die Küche. Dass es doch kurz um Politik geht, ist einer vierfachen Mutter zu verdanken.
Steinbrück bei RTL:Wenn Bürgernähe wehtut
Ein Kanzlerkandidat trifft auf echte Bürger: "Meine Wahl - an einem Tisch mit Peer Steinbrück" hätte spannend werden können. Stattdessen war die Sendung ziellos, inhaltsleer und bediente abgeschmackte Ressentiments gegen Politik. Und das lag nicht an Steinbrück.
An einem Tisch mit Angela Merkel, RTL, Sonntag, 25. August, 19.05 Uhr
Hashtags über Hashtags
Auf der Homepage der Sendung, die die ARD in Sachen junge Zuschauer für die Bundestagswahl liefert, wimmelt es nur so vor dem bekannten Rautezeichen - wir sind schließlich jung und interaktiv, soll das wohl heißen. Mit "Überzeugt uns" versucht der Sender, das junge Publikum ins Programm einzubinden. Die können ihre Fragen auf Twitter oder Facebook stellen, Außenreporter sollen mit kurzen Umfragen das Stimmungsbild auf der Straße widergeben. Immerhin klingen die Moderatoren vielverprechend: Ex- Harald-Schmidt-Sidekick Katrin Bauerfeind, BR-Social-Media-Mann Richard Gutjahr und Tagesthemen-Ersatzspieler Ingo Zamperoni.
Jungwähler-Show "Überzeugt uns" in der ARD:Quatscht uns nieder
Neuwählern zuhören? Ach, wozu denn. Die ARD-Sendung "Überzeugt uns" soll Politiker und junge Wähler zusammenbringen. Doch die Profis quatschten in altbewährter Manier drauflos. Sie zeigten damit: Die Politik ist tatsächlich noch weiter weg von den Jugendlichen als gedacht.
Überzeugt uns, ARD, Montag, 26. August 2013, 22.30 Uhr
Fakten, Fakten, Fakten
Maybrit Illner moderiert für das ZDF nicht nur das TV-Duell der Kanzlerkandidaten, sie widmet sich in der Woche davor auch den Wahlkampfthemen der Parteien. Und zwar in allen Einzelheiten. Von Dienstag bis Freitag geht es in Illner intensiv jeweils eine halbe Stunde lang um Energiewende, Rente, innere Sicherheit oder Zuwanderung. "Wir wollen in erster Linie herausfinden, ob und in welcher Form sich die Parteien kluge alternative Vorschläge überlegt haben", verkündete sie vorab. Harte Fakten wären in diesem dahin plätschernden Wahlkampf gar nicht so schlecht.
Illner intensiv, ZDF, von Dienstag, 27. August bis Freitag, 30. August, unterschiedliche Sendezeiten ab 22.15 Uhr
Bühne frei für die Kanzlerkandidaten ...
Kanzlerin Merkel, ihr Herausforderer Peer Steinbrück und vier Moderatoren im Ersten: Mit dem TV-Duell der Kanzlerkandidaten erreicht das Wahlkampf-TV-Programm seinen Höhepunkt. Bereits zum vierten Mal stehen sich amtierende(r) Kanzler(in) und Herausforderer im Duell gegenüber. Und mehr als die Hälfte der Deutschen will das aut einer Umfrage der Hörzu verfolgen - und davon vermutlich ihre Wahlentscheidung abhängig machen.
Liveblog-Nachlese zum TV-Duell:Beide Kandidaten als Sieger ausgerufen
Die ARD sieht Peer Steinbrück als Sieger des TV-Duells, das ZDF Angela Merkel - die einzige Fernsehdebatte der beiden Kanzlerkandidaten endet also unentschieden. Der SPD-Herausforderer kam offensiv rüber, die CDU-Chefin zeigte sich in ihrer liebsten Rolle: als präsidiale Staatslenkerin.
Das TV-Duell, ARD, ZDF, ProSieben, RTL, Sonntag, 1. September 2013, 20.30 Uhr
... und die Koalitionspartner
Auch die kleineren Parteien bekommen ihre Bühne. Am Abend nach dem Kanzler-Duell empfangen Jörg Schönenborn und Sigmund Gottlieb die möglichen Koalitionspartner Jürgen Trittin (Grüne), Gregor Gysi (Die Linke) und Rainer Brüderle (FDP).
TV-Debatte mit Brüderle, Trittin und Gysi:Schaukampf ohne Schiedsrichter
"Herr Brüderle, Sie lügen!" In der TV-Debatte halten sich die Spitzenkandidaten von Grünen, Linken und FDP an keinerlei Regeln. Die ARD inszeniert den Mini-Gipfel wie einen Boxkampf - doch richtig Kloppe bezieht anschließend nur einer der überforderten Moderatoren.
TV-Dreikampf, ARD, Montag, 2. September, 20.15 Uhr
Und nochmal in die Arena
Einem kleinen Wählerkreis stellten sie sich bereits bei RTL - nun warten 150 von Meinungsforschern ausgewählte Bürger auf Angela Merkel und Peer Steinbrück. Von "75 spannenden Minuten Demokratie im deutschen Fernsehen" spricht WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn, der die Sendung mit Andreas Cichowicz moderiert.
Wahlarena - Zuschauer fragen Angela Merkel, 9. September, 20.15 Uhr, Wahlarena - Zuschauer fragen Peer Steinbrück, 11. September, 20.15 Uhr