Es klingt absurd, aber einigen in der Führungsetage der Rai muss Savianos und Fazios Erfolg nun höchst unangenehm sein. Allen voran dem schnauzbärtigen Rai-Generaldirektor Mauro Masi. Jedenfalls sagt der Mann von Berlusconis Gnaden nichts zu dem Quotenbringer. Er ist ein Chef, der Journalisten im eigenen Haus die Hölle bereitet, wenn sie nicht auf Kuschelkurs mit der Regierung liegen. Saviano und Fazio kämpften monatelang darum, auf Sendung gehen zu dürfen.
Was er erlebte, beschrieb Saviano als "neuen Zensur-Mechanismus": Der Realisierung eines Projekts werden tausend Schwierigkeiten in den Weg gelegt - aber im Verborgenen, in Gremien, zu denen nur wenige Zugang haben. Nach außen führte Masi vor allem die Kosten ins Feld. So könne sich die Rai auch das Engagement von Oscar-Preisträger Roberto Benigni nicht leisten, argumentierte er. Doch der gewitzte Schauspieler verzichtete auf eine Gage und legte in der ersten Sendung eine furiose 40-Minuten-Show hin.
Viele Listen ergaben: ein Italien
Benigni machte das, wovor sich Masi vermutlich sehr gefürchtet hat: Er zerlegte Berlusconi, Pointe um Pointe. Genüsslich führte er dessen Aussage ad absurdum, hinter seinen Skandalen mit Nutten und Minderjährigen stecke die Mafia. "Früher", sagte Benigni leutselig, "hat einen die Mafia umgebracht, aber jetzt schicken sie dir zwei 18-Jährige ins Bett." Es sei schrecklich, was die Mafia anrichten kann, wenn sie sich rächt. Nur an ihm räche sich die Mafia nie. Um das zu ändern, rief er ein paar Beleidigungen aus. "Rächt euch an mir, wenn ihr den Mut habt!" Dann nannte er seine Hoteladresse und fragte erwartungsfroh: "Ihr werdet mich doch nicht heute Nacht zwei Brasilianerinnen im Zimmer finden lassen?"
Vieni via con me war trotz Benigni alles andere als eine Comedynummer. Meistens ging es ernsthaft und nachdenklich zu, das Wort zählte mehr als das Bild. Listen zählten zum Ritual der Sendung, die von prominenten und ganz normalen Leuten verfasst wurden. Die Überraschung war, dass die schlichte Form der Aufzählung spannend und aufschlussreich sein kann.
Man erfuhr so von der Lage einer 88-Jährigen, die nach 30 Jahren Arbeit von 500 Euro Rente leben muss. Literaturnobelpreisträger Dario Fo trug voller Ironie Tipps vor, die der Politiker Machiavelli (Von der Kriegskunst, 1521) der heutigen Regierung noch geben könnte: Zum Beispiel, zu lügen, und die Lüge zu wiederholen, bis sie für wahr gehalten wird. Vom Dach einer Universität übermittelten Protestierende ihre Einwände gegen die Hochschulreform. Der vom Berlusconi-Verbündeten zum Gegner gewandelte Gianfranco Fini zählte auf, was die Rechte sich für Italien wünscht. Der PD-Vorsitzende Pierluigi Bersani verbreitete, was das Mitte-Links-Lager wünscht.