TV-Kritik zu "Million Dollar Shootingstar":Glatter, nackter, fader

Bar Refaeli lädt zum härtesten Foto-Wettbewerb der Welt

"Es geht hier um verdammt viel": Die Juroren von "Million Dollar Shootingstar" (v.l.: Fotograf Oliver Gast, Model Bar Refaeli und Model-Agent Peyman Amin) in der israelischen Wüste.

(Foto: obs/ Sat 1)

"Am Anfang dachte ich: Das kann nicht in die Hose gehen. Aber es geht in die Hose!" Damit hat Peyman Amin ganz Recht. Die neue Modelshow "Million Dollar Shootingstar" mit Bar Refaeli ist vor allem eines: eine schamlose Kopie.

Eine Nachtkritik. Von Ruth Schneeberger

Wohin man schaut offene Münder, leere Augen, fehlender Gesichtsausdruck: Seit Mittwochabend hat das deutsche Fernsehen eine neue Modelshow. Diesmal ist das israelische Supermodel Bar Refaeli anstelle von Heidi Klum die Dompteuse, und das Körperkult-Spektakel wird nicht auf Pro Sieben, sondern bei Sat 1 ausgestrahlt. Weitere Unterschiede? Marginal. Gemeinsamkeiten: So gut wie alles.

Schon bei der ersten Sendung des neuen Formates wird dem Zuschauer exakt dasselbe geboten wie bei "Germany's Next Topmodel" seit sechs Jahren. Mit dem kleinen Unterschied, dass hier alles etwas "extremer" sein soll.

Die Nachwuchsmodels sind schon in der ersten Sendung weniger an der Zahl als in Klums Show, dafür haben sie schon etwas Erfahrung im Modelgeschäft gesammelt. Zehn mehr oder weniger junge Damen - zwei Anwärterinnen sind mit 28 und 30 Jahren älter als die 27-jährige Moderatorin, die sie trotzdem "Baby" nennt - konkurrieren in der israelischen Wüste nicht nur um Anerkennung, sondern vor allem um Geld.

100.000 Euro gewinnt die Siegerin einer "Challenge", was vor allem Model-Agent Peyman Amin, der als Juror von Heidi Klum entlassen wurde, nicht müde wird zu betonen: "Es geht hier um verdammt viel!" lautet sein Standardsatz, um die Damen anzuheizen, wenn von Motivation in den makellosen Gesichtern nicht das gewünschte Maß zu sehen ist. Weitere Motivationskracher des Model-Coaches lauten: "Julia, das war scheiße!", "Der Arm kann ruhig ein bisschen länger sein", "So viel Holz vor der Hütte, wie wir heute hier gesehen habe, damit kann man ein ganzes Haus bauen", oder "Zeig, dass du 'ne Göttin bist!".

Erwartungsgemäß rollen schon in der ersten Folge bittere Tränen ("Ich glaube, meine Model-Karriere ist vorbei") und eines der Mädchen wird als unfassbare Zicke inszeniert ("Ich habe mich sehr doll verletzt, es interessiert niemanden, das sprengt meine Toleranzgrenzen"). Dann gewinnt den ersten Wettbewerb ausgerechnet die unansehnlichste Model-Darstellerin aus der Runde, damit das Publikum sich auch schön aufregen kann.

Wie die Klum - nur jünger

Damit dieser Abklatsch von "Germany's Next Topmodel" nicht allzu redundant wirkt, haben sich die Macher Bahnbrechendes ausgedacht: Sie zeigen einfach noch mehr nackte Haut, mehr "Action-Shoots" - und vor allem mehr Brüste.

Die Damen räkeln sich also gleich zu Beginn brav oben ohne auf der Salzkruste am Toten Meer. Und als einer Kandidatin bei einem Sprung aus schwindelnder Höhe die Oberweite aus dem Dekolleté fällt, wird das ausführlich und mehrfach von der Kamera abgebildet, ihr aber vorwurfsvoll als Schwäche angekreidet. Es ist dieselbe Kandidatin, die sich beim Sprung an der Hüfte verletzt und deren Hautabreibungen in Unterhosennähe die ganze Sendung über Thema sein sollen und denen sich die Kamera in verschiedensten Einstellungen hingebungsvoll widmet.

Und Bar Refaeli? Wirkt in dieser Softporno-Show mit sauber hochgebundenem Pferdeschwanz und Stars-and-Stripes-Outfit wie der Prototyp eines All-American-Girls - ergo wie ein Klum-Klon. Nur jünger. Und ein bisschen sympathischer. Wobei die Betonung auf bisschen liegt. Einzige Überraschung des Abends: Die Stimme aus dem Off erinnert verdächtig an die überdreht ironische Stimme aus den Shows von Stefan Raab. Mit dem kleinen Unterschied, dass sie hier ganz ernst gemeint ist.

Das Fazit der Sendung, dem Anlass angemessen nur kurz: Höher, schneller, weiter, bunter als der Vorgänger ist "Million Dollar Shootingstar" schon. Dafür aber auch erwartbarer, glatter, nackter, fader. Erlaubt ist eben auch, was nur wenigen gefällt. Nur 930.000 Zuschauer hatte die Show zur Premiere. Das entspricht einem fast schon vernichtend geringen Marktanteil von 3,1 Prozent beim Gesamtpublikum bzw. 4,8 Prozent bei den jüngeren Zuschauern.

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