TV-Kritik: Wetten, dass..?:Prost, Lemonbeer

Thomas Gottschalk beginnt die neue Staffel "Wetten, dass..?" in München, schickt Ko-Moderatorin Hunziker und Gäste auf die Wiesn, versetzt Katy Perry in Panik - und zieht zwischenzeitlich selber mal die Lederhosen aus.

Katharina Riehl

Der wahrscheinlich zentrale Satz der Sendung fällt schon, bevor es überhaupt losgeht. Thomas Gottschalk dreht gerade seine kleine Warm-up-Runde durch die Olympiahalle, begrüßt artig den Münchner Oberbürgermeister, den Mainzer Intendanten und den Ehrengast vom finnischen Fernsehen und erklärt seinem Publikum, wie das geht mit dem Jubeln an der richtigen Stelle, als er sagt: Das Schöne an München (im Vergleich zu diesen hippen jungen Menschen in Berlin) sei doch, dass er, Gottschalk, seit 20 Jahren dasselbe macht, es hier aber immer noch funktioniert. Wenn er sich da mal nur nicht zu sicher ist.

Wetten Dass...? In Munich

Sängerin Katy Perry schaute bei "Wetten dass..?" teilweise etwas verschreckt drein - ob es nur an der verlorenen Wette, oder vielleicht auch am Altherrenhumor des Moderators lag, wurde nicht ganz klar.

(Foto: Getty Images)

Zum Auftakt der neuen Staffel Wetten, dass..?, der Staffel des 30-jährigen Sendungs-Jubiläums (ja, es gab ein Wetten, dass..? vor Thomas Gottschalk), sind der Moderator und seine Dauer-Praktikantin Michelle Hunziker nach München gekommen. Am letzten Wiesn-Wochenende, weswegen es an diesem Abend im Publikum und auf der Bühne viele Wadeln in Lederhosen und viele in Dirndl verpackte Damen zu sehen gibt. Der Moderator selbst hat zu der bayerischen Hauptstadt einen ganz besonderen Bezug - der gebürtige Franke hat hier vor fast vierzig Jahren beim Bayerischen Rundfunk seine Karriere begonnen.

Auf die Couch hat sich Gottschalk den US-Teeniestar Katy Perry, den FC-Bayern-Fußballstar Arjen Robben geholt - und natürlich ein paar gebürtig bayerische Gäste: Comedian Michael Mittermeier und Schauspielerin Christine Neubauer, die derzeit in jedem zweiten öffentlich-rechtlichen Spielfilm in Lebenskrisen gerät und diese dann bravourös bewältigen darf.

Ja, es ist das selbe wie immer. Und: Ja, es funktioniert - auch wenn die unstrukturierte Gesprächsführung und die etwas zu sehr ausgewalzten Plattheiten des Moderators selbst dem geneigten Zuschauer im Laufe des Abends zunehmend auf die Nerven gehen; nebenbei gesagt vor allem dem Zuschauer in der entscheidenden Zielgruppe: Denn während sich Wetten, dass..? mit 9,5 Millionen Zuschauern zwar absolut gesehen gegenüber der Dieter-Bohlen-Konkurrenzveranstaltung Das Supertalent bei RTL mit 7,19 Millionen Zuschauern durchsetzen kann, liegt eben diese RTL-Sendung mit 4,15 Millionen und 34,9 Prozent Markanteil bei den 14- bis 49-jährigen Zuschauern in der entscheidenden jungen Zielgruppe trotzdem deutlich vor Gottschalks ZDF-Show mit 2,96 Millionen Zuschauern dieser Gruppe (25,1 Prozent Marktanteil).

Der Abend beginnt mit Mittermeier und seinem deutsch-türkischen Comedy-Kollegen Bülent Ceylan. Der darf keine zwei ganzen Sätze sagen, bevor Gottschalk ihn zur Strafe für eine verlorene Wette (Lukas schaffte es nicht, von einer Eisenstange auf die nächste Eisenstange zu hüpfen) in ein Dirndl steckt und auf die Wiesn schickt, um für die Besetzung der Couch Bier und Brotzeit zu kaufen.

Überhaupt wird mal wieder ziemlich viel gerannt. Hunziker, Gottschalk und Neubauer rennen in die Olympiaschwimmhalle, in der sich ein junger Mann an einem Seil aus Klopapier auf das Fünf-Meter-Brett hinaufzieht. Das hat vor 20 Jahren schon einmal jemand probiert und schaffte es nicht - aus Jubiläumsgründen durfte die "Klassikwette" wiederholt werden. Gottschalk reißt sich dann schnell die Kleider vom Leib, um vom 7,50-Meter-Brett ins Wasser zu springen, was eigentlich Christine Neubauer hätte tun sollen, weil das Klopapierseil nicht gerissen ist.

Michelle rennt

Neubauer aber trägt offensichtlich keine knielangen Boxershorts unter ihrem Dirndl, weshalb sie nicht nur über die Treppe auf, sondern auch wieder runter vom Sprungbrett klettert. Deshalb rennt sie wenig später ins Olympiastadion, das sie in der Seilbahn überqueren muss. Michelle Hunziker rennt (während Gottschalk noch im Becken planscht) zurück in die Halle, und verhindert, dass Michael Mittermeier die Moderation der Show übernimmt - um von dort aus auf das Oktoberfest zu rennen und mit einer Wiesn-Kapelle "Die Hände zum Himmel" zu schmettern.

Vergleichsweise viel Zeit nimmt sich Gottschalk für Katy Perry. Das mit einer Art glitzerndem Badeanzug mit Tüll-Bürzel bekleidete Pop-Sternchen nimmt nach seinem Auftritt auf der Couch Platz und bleibt dort tapfer den ganzen Abend sitzen. Katy Perry geht derzeit überhaupt gerne in Fernsehsendungen: Vor ein paar Tagen war sie zu Gast in der "Sesamstraße", wo der ebenfalls ziemlich knapp bemessene Stoff ihres Kleides für so große Verstörung sorgte, dass die Szene aus der Sendung herausgeschnitten werden musste. "Bei der Sesamstraße war ihr Outfit zu heiß", erklärte Gottschalk, "bei Wetten, dass..? ist es gerade richtig". Was er eben so sagt seit 20 Jahren.

Die Allgäuer stehlen allen die Show

Es ist eine ziemlich lustige Runde, die Gottschalk da auf seiner Couch zusammengebracht hat. Da ist zum einen die bereits erwähnte Katy Perry, die schon allein deshalb lustig ist, weil ihr bei Gottschalks Ankündigung, sie müsse mit dem Seil über das Olympiastadion segeln, die blanke Panik ins Gesicht steigt - und erst wieder verschwindet, als Christine Neubauer daran angebunden wird. Und weil sie auf die Frage, welches Getränk ihr Bülent Ceylan von der Wiesn mitbringen solle, mit "Lemonbeer" antwortet. "You kind of get Todesstrafe for this in Bayern" erklärt ihr Gottschalk.

Da war aber auch Michael Mittemeier, der nach der ungefähr achten Zeitlupe von Gottschalks Todessprung ins Olympiabecken einfach mal fragte, wie oft er sich das jetzt noch anschauen müsse. Und während der Wette mit den kleinen Mädchen, die sich gegenseitig am Geräusch ihrer Volkstanzschritte erkennen konnten, fragt Michelle ihren Chefmoderator, ob er denn wisse, was er jetzt zu tun habe. "Ich habe diese Sendung 20 Jahre lang ohne dich moderiert" erklärt Gottschalk - um natürlich eine halbe Minute von Michelle wissen zu wollen, was er denn jetzt als nächstes tun müsse.

Allen zusammen die Show stehlen aber zwei junge Männer aus dem Allgäu. Anstatt ihres für den Normalbürger ohnehin praktisch nicht zu verstehenden Dialekts, unterhalten sich die beiden in einer Sprache aus Furzgeräuschen, die sie mit Armbeugen, Händen und Kniekehlen erzeugen. Das ist genauso bescheuert wie es sich anhört ("Wie lange habt ihr gebraucht für den Scheiß?" will Gottschalk wissen) - und wahnsinnig lustig. Zur Belohnung gewinnen die beiden dann auch das rote Auto.

Kurz vor Schluss, Gottschalk überzieht bis 23.15 Uhr, verspricht Katy Perry, nach dem Ende der Show noch auf eine Brezl mit Senf und etwas Lemonbeer mit auf die Wiesen zu gehen. Dass sie dafür ziemlich rennen müsste, sagt ihr keiner. Die Bierzelte schließen um 23 Uhr.

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