TV-Kritik: Menschen bei Maischberger:"Blacky" Fuchsberger: Die Zeit heilt nicht alle Wunden

In der ARD spricht Joachim Fuchsberger erstmals über den Tod seines Sohnes. Doch Maischbergers Talk hat dank anderer rüstiger Rentner auch heitere Momente.

Tobias Dorfer

An einem Tag während des Zweiten Weltkriegs stand der Schüler Joachim Fuchsberger auf dem Rathausturm von Düsseldorf, sah Bomben auf die Stadt niedergehen und koordinierte mit einem Freund Feuerwehreinsätze. Im Jahr 1972 musste er nach den Anschlägen auf die Olympischen Spiele in München als Stadionsprecher mit der Terrorangst umgehen.

Menschen bei Maischberger - Joachim Fuchsberger

"Altwerden macht Spaß? Alles Lüge!" - über diese These sprach ARD-Talkerin Sandra Maischberger mit ihren Gästen, darunter Schauspieler Blacky Fuchsberger.

(Foto: dpa)

Nun ist er 83 Jahre alt, hat unzählige Operationen und Arztbesuche hinter sich und - nicht zu vergessen - eine große Karriere als Moderator und Schauspieler. Man hätte angesichts seiner Vita vermuten können, dass Joachim Fuchsberger, den die Nation liebevoll "Blacky" nennt, nichts mehr aus der Fassung bringen kann.

Liebevolle Würdigung des verstorbenen Sohnes

Der 14. Oktober 2010 hat gezeigt, dass dies nicht stimmt. Denn an diesem Tag sah die Republik einen anderen Blacky. Einen gebrochenen Mann, der den Tod seines Sohnes verkraften musste.

Thomas Fuchsberger war an jenem Donnerstag im Alter von 53 Jahren im oberfränkischen Kulmbach ertrunken. Die Ermittler gehen von einem tragischen Unglücksfall aus, der genaue Hergang wird sich wohl nie mehr rekonstruieren lassen. Es ist aber wahrscheinlich, dass "Tommys" Zuckerkrankheit zu dem Unfall am Mühlbach geführt hat.

Ziemlich genau drei Monate sind seitdem vergangen. Bei Sandra Maischberger spricht Fuchsberger nun zum ersten Mal im Fernsehen über diese Zeit, dafür hat die Moderatorin den Beginn ihrer Talkshow reserviert.

Es ist ein angenehm zurückhaltendes Vieraugengespräch, in dem Blacky liebevoll das Wesen seines Sohnes beschreibt. Wie er ihn im Privaten auch mal zurückgepfiffen hat. Oder dass er bei Dreharbeiten als "Wirtschaftsprüfer" die Aufgabe hatte, für das leibliche Wohl des Teams zu sorgen, indem er die besten "Wirtschaften" auskundschaftete.

Maischberger fragt nach, aber nicht aus

Doch Fuchsberger berichtet auch von den Qualen, die er und seine Frau Gundel durchmachen. Der Tod von Thomas sei etwas, "mit dem man kaum fertig wird". Sicher, die Zeit heilt Wunden, sagt der Vater. "Aber ich bezweifle, dass wir diese Zeit noch haben." Ende März wird er 84 Jahre alt.

Harry Valérien, ehemaliger Sportmoderator, der nach knapp einer Viertelstunde zusammen mit Fuchsbergers ehemaliger Filmpartnerin Marianne Koch zu der Runde stößt, teilt mit dem Schauspieler ein ähnliches Schicksal: Im Jahr 2007 starb seine Tochter an Brustkrebs.

Sandra Maischberger fragt nach - aber sie fragt die beiden Männer nicht aus. So entsteht ein zurückhaltendes Gespräch, das den Boulevard wahrscheinlich nicht zufriedenstellt - den Zuschauer aber doch mit dem Gefühl zurücklässt, dass die Gäste über ihre schwersten Stunden nur das sagen, was sie wirklich sagen wollen. Wer die Zitate, die verschiedene Boulevardmedien nach dem Tod von Thomas Fuchsberger von dem trauernden Vater verbreiteten, las, konnte davon nicht immer ausgehen.

Ein alter Mann braucht keine Eintrittskarte

Aber es gibt ja ohnehin genug andere Themen zu besprechen, weil Sandra Maischberger das Schicksal der Familie Fuchsberger in eine Sendung mit dem Titel "Altwerden macht Spaß? Alles Lüge!" gepresst hat. Und so entwickelt sich das Ganze nach dem Einzelgespräch mit Fuchsberger zu einer netten Plauderrunde, in der sich Ernstes und Amüsantes die Waage halten: Drei alte Freunde reden von sich selbst und von gemeinsamen Erlebnissen - was die Sendung zu einem mitunter recht heiteren TV-Jahrgangstee werden lässt.

So erzählt Marianne Koch, 79, die im Jahr 1967 mit Blacky für den Film Der Tod läuft hinterher vor der Kamera stand, wie Fuchsberger stets den Avancen weiblicher Fans widerstand.

Senioren als "echte Kampfmaschinen"

Der Schauspieler selbst berichtet von einem Sturz vor einem Miedergeschäft im Münchner Nobelvorort Grünwald und davon, wie er in der Warteschlange vor dem Zoo in Rom von einer Sophia-Loren-gleichen Kassiererin angesprochen wurde - aber nicht wegen seiner Filme, sondern weil er als alter Mann keine Eintrittskarte kaufen muss.

Und vom inzwischen 87 Jahre alten Harry Valérien erfahren die Zuschauer, dass er mit 80 Jahren noch auf einer Weltcup-Strecke Ski fuhr, dabei aber stürzte und seitdem die Bretter endgültig abgeschnallt hat.

Dazu werden jede Menge Schnipsel aus dem Fernseharchiv debattiert. Und ein 85-Jähriger, der Kampfsportkurse für Rentner gibt, darf ein Brett durchschlagen und erzählen, wie er Senioren zu "echten Kampfmaschinen" macht, die sich selbst verteidigen können.

Altwerden - ein "Massaker"?

Nur: Macht Altwerden nun Spaß? Nach 75 Minuten ist sich Sandra Maischberger selbst nicht sicher, ob ihre Frage vom Anfang beantwortet ist. Wie Altwerden trotz Schicksalsschlägen und Zipperlein auch schöne Seiten mit sich bringt, haben die Gäste beschrieben: Wenn man es schafft, alt zu werden ohne sich alt zu fühlen. Wenn man nicht alleine ist.

Oder wenn man eine Aufgabe hat. Joachim Fuchsberger hat beschlossen, das Buchprojekt, an dem sein Sohn vor seinem Tod arbeitete, zu beenden. Außerdem möchte er Tommys Musik "unter die Leute bringen". Ein Medley stellt sich Blacky vor.

Vielleicht ist es tatsächlich so, dass Altwerden ein "Massaker" ist, wie Marianne Koch am Ende den Schriftsteller Philip Roth zitiert. Doch Joachim Fuchsberger fügt hinzu: "Man muss nur lernen, damit umzugehen."

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