TV-Kritik: "Let's Dance"-Finale:Zwischen Holzhüfte und Naturgewalt

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Sie war schon ausgeschieden, doch dann darf die frühere Weltklasse-Turnerin Magdalena Brzeska doch wieder auf's "Let's Dance"-Parkett. Sie trainiert "wie seit den Olympischen Spielen nicht mehr", stolpert fast über ihre Holzhüfte - und bekommt am Ende doch den Pott.

Verena Wolff

Der Abend beginnt nicht gut für Magdalena Brzeska. Sie bestreitet das Finale der fünften Staffel "Let's Dance" gegen Vize-Topmodel Rebecca Mir. Und sie muss Cha-cha-cha tanzen. Jenen Tanz, der sie in der vierten Sendung aus dem Kandidatenfeld katapultiert hatte. Eine "Holzhüfte" hatte Juror Roman Frieling der 26-fachen deutschen Meisterin in der Rhythmischen Sportgymnastik in dieser Show bescheinigt, keine Bewegung - und sie mit mageren drei Punkten abgespeist.

Der Freestyle von Magdalena Brzeska und ihrem Tanzpartner hatte das Motto "Fluch der Karibik" - damit überzeugte sie Jury und Publikum. (Foto: dpa)

Nun also, im Finale, auf ein Neues. Lateinamerikanischer Schrecktanz zum Auftakt. Brzeska und ihr Tanzpartner Erich Klann scheinen recht zufrieden. Und dann wieder Frieling. Größten Respekt habe er und Anerkennung für das, was die Paare in den vergangenen Wochen geleistet haben. Aber das mit dem Cha-cha und der Frau Brzeska - das ist irgendwie nichts. Sagt er. Und spricht wieder von Holzhüfte und davon, dass sich das alles nicht gebessert habe seit dem letzten Auftritt mit diesem Tanz. Das Publikum buht lautstark - und zwei Frauen scheinen zu hyperventilieren: Die Tänzerin selbst und Maite Kelly, letztjährige Gewinnerin und Neu-Jurorin in dieser Staffel.

Welten hätten zwischen den zwei Ch-cha-Varianten gelegen, raunzt sie Frieling an - sehr zur Freude des Publikums. Sie habe keinen Zweifel daran, dass Magdalena Brzeska an diesem Abend "noch abgehen" werde. Auch Motsi Mabuse, die zweite Jurorin im Bunde, hat Hüfte gesehen - und der gestrenge Herr Llambi, Urgestein unter den Wertungsrichtern, findet das alles sehr ordentlich. Auch wenn ihm die "fluffigen Füße in der Luft" noch nicht so recht gefallen haben. Die Wertung: 7, 9, 9 und 7 Punkte. Also - alles nicht so schlimm auf dem rutschigen Parkett von "Let's Dance". Vier mal zehn Punkte wären das Maximum gewesen.

Ebenso wie die Ex-Turnerin muss auch die Final-Rivalin Rebecca Mir, einst Finalistin bei Germany's Next Topmodel, nochmal den Horror-Tanz aus der Show zum Besten geben. Bei ihr ist das nicht der Cha-cha, sondern die Rumba. Jener lateinamerikanische Tanz, bei dem sie zu Beginn der Show inklusive Partner stürzte. Dieses Mal: weißes Flatterkleid, Wind, Flimmer und Whitney Houstons "I will always love you".

Seit Wochen schon wird über die Beziehung der 20-Jährigen zu ihrem Tanzpartner Massimo Sinato spekuliert. Beide befeuerten die Mutmaßungen während der gesamten Sendung - aber nicht bei diesem Tanz. "Von der Bewegung, vom Körper her" findet Juror Llambi "das relativ tot". Einen tollen Gesichtsausdruck habe das Modell an den Tag gelegt, aber "das Gesicht tanzt nicht." Schwache Füße, wenig Rhythmus, fehlendes Timing - die Damen und Herren wollen mehr sehen. Und vergeben doch insgesamt 34 Punkte.

Nach den Horror-Tänzen der beiden Damen kommen die Lieblingsaufgaben: Salsa für "Beccy", Tango für "Magda". Beides hervorragend getanzt, beides mit 38 Punkten belohnt. "Das haben wir uns so vorgestellt bei den Lieblingstänzen", sagen die Juroren. Und dann, die dritte Aufgabe zum Schluss: Ein Freestyle.

Rebecca Mir macht ein bisschen Bauchtanz, hüpft ein bisschen Salsa und schwingt ein bisschen Samba. Und verzückt die Juroren. Allerdings nicht so sehr wie Magdalenza Brzeska mit ihrem Tanzlehrer, der so viele an Johnny Depp erinnert. Darum: Freistil zum "Fluch der Karibik". Juror Llambi nennt das "den besten Tanz des Abends" - dem haben die anderen nichts mehr hinzuzufügen. Außer Punkte, 39 insgesamt.

Magdalena Brzeska ist angemessen gerührt, Moderatorin Sylvie van der Vaart während der gesamten Sendung aufgedreht wie selten - und wischt sich bei dieser Gelegenheit ein paar Tränchen aus dem Augenwinkel. Nach dem üblichen Smalltalk, den die Moderatorin den Kandidaten so gerne bei der Punktevergabe überstülpt, gibt es eine wirklich ergreifende Szene im Studio - eine, die Jurorin Maite Kelly die Tränen in die Augen getrieben hätte (die letztjährige Gewinnerin ist sehr nah am Wasser gebaut): Als das Tanzpaar zurückgeht zu seinen Plätzen, steht Sängerin Gitte Haenning als erste auf, nimmt Magdalena Brzeska in den Arm und drückt die junge Frau. Ganz fest.

Ihretwegen nur ist die Turnerin noch in der Show, denn Gitte war nach dem Tod ihrer Schwester früh in der Staffel ausgestiegen. Brzeska, die eigentlich schon abgewählt worden war, durfte wieder mittanzen. Und schaffte es, bis ins "Duell der langen Beine", wie der Boulevard titelte.

Während der Show dürfen nochmals alle Paar eine kleine Kostprobe ihres (Nicht-)Könnens geben - und bis auf die Volksmusikantin Stefanie Hertel, die sich während der gesamten Staffel vom biederen Volksmusik-Mäuschen zum sexy Vamp entwickelt hatte ( was Volksmusik-Urgestein Heino so gar nicht gefiel), ist das schon richtig, dass diese beiden Damen das Finale unter sich ausmachen.

Die Netzgemeinde, die während des Finales kräftig twittert und die Facebook-Seite vollschreibt, kann sich allerdings nicht recht einigen, wer nun Sieger werden soll. Die einen finden die frühere Turnerin "zu technisch", die anderen finden, die ehemalige Schülerin von Heidi Klum könne nur mit dem Allerwertesten wackeln und dabei nett lächeln. Am Ende entscheidet, wie immer, das Publikum. Beide Paare haben dieselbe Punktzahl, doch sprechen sich am Telefon mehr Fans für Magdalena Brzeska aus. Die will den Sieg gar nicht so recht glauben.

Ein bisschen luftleerer war diese Staffel, ein bisschen aufgesetzt dieses Finale. Rebecca Mir gab sich ein bisschen zu fröhlich, Magdalena Brzeska ein bisschen zu abgeklärt. So ganz anders war das als im vergangenen Jahr, als es nur so triefte von Gefühl. Als Maite Kelly und Moritz Sachs, der Klaus Beimer aus der Lindenstraße, ein furioses Finale gegeneinander tanzen - die zwei Kandidaten, die man wohl spätestens nach zwei Shows abgewählt gewähnt hätte.

Aber: Das Ergebnis 2012 geht in Ordnung. Schließlich darf man eines nicht vergessen: Brzeska flog raus, durfte wieder rein in den Wettbewerb - und war die erste Tänzerin überhaupt, die den gestrengen Juror Llambi dazu gebracht hat, die Punktekelle mit der "10" zu zücken.

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