TV-Kritik: "Let's Dance":"Beine bis nach Ägypten"

RTL bittet Promis und Profi-Tänzer wieder aufs Parkett - und einiges hat sich geändert im fünften Jahr "Let's Dance". Es gibt mehr Shows, Maite Kelly hat es vom Siegerpodest in die Jury geschafft und erstmals ist eine blinde Künstlerin dabei. Trotzdem bleibt noch Luft nach oben.

von Verena Wolff

Am Ende ist alles so, wie man es schon hatte kommen sehen. Neben Moderatorin Sylvie van der Vaart, keine 1,60 Meter groß, stehen zwei Riesen. Der eine dunkelhaarig, der andere blond. Der eine, der frühere Diskus-Weltmeister und -Olympiasieger Lars Riedel, 1,99 Meter groß und breit. Der andere, Uwe Fahrenkrog-Petersen, Komponist der 99 Luftballons, kaum kleiner und ähnlich breit. Man ahnt: zu viel Körper, um elegant übers Parkett zu gleiten. Dem einen, Fahrenkrog-Petersen, traut man als Musiker zumindest Taktgefühl zu. Der andere ist auf dem Sportplatz besser aufgehoben.

Joana Zimmer bei "Let's Dance"

Nur drei von zehn Punkten von Juror Joachim Llambi für die blinde Sängerin Joana Zimmer - aber eine der besten Tanzeinlagen des Abends.

(Foto: dpa)

Diese beiden großen Männer stehen also am Ende neben ihren zierlichen Tanz-Lehrerinnen und der Moderatorin. Für einen von ihnen wird der Auftritt in der ersten Sendung der aktuellen fünften Staffel von Let's Dance schon der letzte gewesen sein. Sylvie van der Vaart macht es nur pseudo-spannend: Lars Riedel darf noch ein Mal antreten. Uwe Fahrenkrog-Petersen hat fertig getanzt. Das Publikum hat abgestimmt, per Kurzmitteilung.

Das Urteil der Jury war bei beiden Herren ähnlich desolat ausgefallen: Fahrenkrog-Petersen blieb mit neun sogar unter einer zweistelligen Punktzahl für die erste Darbietung, Riedel kam immerhin auf 14 Punkte. Mit Tanzen hätten die Auftritte der beiden nur recht wenig zu tun gehabt, befanden die Juroren Roman Frieling und der gestrenge Joachim Llambi. "John Travolta für Arme", nannte Llambi den Musikproduzenten.

Fahrenkrog-Petersen, der nach eigenen Worten mit dem Tanzen eher bei "minus zehn denn bei null" angefangen hat, will allerdings "den inneren Tänzer" in sich entdeckt haben und gab zu Protokoll, er sei sicher, dieser könne noch mehr. Llambi schaute recht ungläubig, auch der Rest der Jury schien den eigenen Ohren nicht recht trauen zu wollen. Zu steif waren die Bewegungen, zu schlecht das Taktgefühl, zu unlocker die gesamte Vorstellung.

Auch Lars Riedel ging alles andere als geschmeidig zur Sache. Juror Llambi hatte auch da ein passendes Bild parat: "Die Straßenlaternen in Wien haben mehr Gefühl für Walzer als Sie", schleuderte er dem Ex-Weltmeister entgegen. Frieling fand beim früheren Diskuswerfer immerhin einen "weichen Schrittansatz" und ermunterte zum Weitermachen. Lars Riedel hatte nur einen großen Wunsch: Die erste Sendung überstehen - und dann irgendwo, möglichst schnell, den inneren Tanzbären entdecken.

Von den Herren war einer erwartet gut, der andere überraschte - zunächst mit markigen Sprüchen, dann aber auch mit einer vergleichsweise guten Darbietung: Ex-DSDS-Teilnehmer Ardian Bujupi. Zwar seien einige Moves viel zu uncool und seiner Meinung nach nicht männlich genug. Er werde einfach keinen Standard-Tanz zeigen, sondern einen Ardian-Standard, so der junge Sänger, mit dem wohl das Testosteron ein bisschen durchging.

Am Ende war er es, der von der Jury nicht als richtig cool wahrgenommen wurde. "Du willst ein Mann sein", rief Maite Kelly, Siegerin der vergangenen Staffel und nun zum ersten Mal in der Rolle der Jurorin, in die Runde. "Dann sei ein Mann, sei männlich." Den Erwartungen entsprechend gut: Patrick Lindner, Schlager- und Volksmusiksänger, legte beim Langsamen Walzer eine gefühlvolle Sohle aufs Parkett.

"Beine von hier bis Ägypten"

Die Damen waren durch die Bank besser - auch wenn man sich gelegentlich fragen musste, wer zum Auftakt dieser fünften Staffel die Kostüme und mitunter auch die Musik verbrochen hatte. Beispiel Stefanie Hertel: Ja, sie singt Volksmusik. Ja, sie feiert schon 25-jähriges Bühnenjubiläum, obwohl sie kaum älter ist. Aber: Muss sie zu einem Schmachtfetzen namens "Edelweiss" tanzen und noch dazu ein verrüschtes hellrosa Dirndl-Tanzkleid-Crossover tragen?

Oder Gitte Hænning, mit 65 Jahren die mit Abstand älteste Teilnehmerin im Feld. Cool gab sich die gebürtige Dänin und tanzte, sehr zu Llambis Missfallen, ein bisschen Freistil. Aber bitte: Wer hat sie in dieses bunte Fransenungeheuer mit breitem, grünen Stirnband gesteckt? Das hatte mit elegantem oder auch nur sexy Outfit nichts zu tun.

Ganz nett: Die Kleider von Rebecca Mir, Finalistin bei Germany's Next Topmodel und Mandy Capristo, früher Sängerin der Casting-Band Monrose. Beide tanzten Cha-Cha-Cha, beide haben laut Frieling "Beine von hier bis Ägypten" - und beiden wurden vergleichsweise geschmackvolle Leibchen angezogen.

Höhepunkt des ersten Abends war die letzte Tänzerin: Joana Zimmer. Die Sängerin ist die erste blinde Kandidatin, die bei der Show mitmacht - und eine beachtliche Leistung hinlegte. Maite Kelly war zu Tränen gerührt und bekundete pathetisch, Joanna habe gleich für die ganze Menschheit getanzt.

Llambi sah das eher nüchtern und kündigte an, er wolle die Leistung und nicht die Umstände begutachten. Aber auch er fand, die Darbietung war eine der besten des Abends - und vergab ganze drei von zehn Punkten. Joana Zimmer selbst sprach von einer großen Herausforderung - der größten, der sie sich bislang gestellt hat. Ihr Tanzlehrer und Partner Christian Polanc jedenfalls weiß, wo es langgeht: Er hat in der vergangenen Ausgabe Maite Kelly zum Sieg geführt.

Was bleibt, sind Barbie und Ken - das Moderatorenduo. Sylvie van der Vaart hatte zu Beginn der Sendung angekündigt, sie habe an den deutschen Fällen gearbeitet und daran, nicht immer "du" zu allen zu sagen. Beides hat noch Entwicklungsmöglichkeiten. Daniel Hartwich - in der Vergangenheit immer für einen erstaunlich intelligenten Einwurf gut zu einem Zeitpunkt, an dem man am wenigsten damit rechnet - hat sich anscheinend in dieser Staffel komplett aufs Kalauern verlegt. Und darauf, Späßchen zu machen, bei denen dem Publikum das Lachen im Hals steckenbleibt.

Das Tanzen also machte leidlich Spaß, die Einwürfe und Punkte der Juroren waren vorhersehbar bis mittelwitzig - die ganze Sendung hat noch Luft nach oben. Weniger Moderatoren, weniger Worthülsen, weniger persönliche Angriffe - dafür mehr Kandidaten, mehr Tanz und mehr konstruktive Kritik: Dann macht die Sendung in den kommenden Wochen so viel Spaß wie im vergangenen Frühjahr. Die Tänzer haben noch so einiges in petto.

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