TV-Kritik:Landschaftspflege

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"Nach über 150 Wahlen wird mir noch immer nicht langweilig": Das ZDF zeigt eine hübsche Dokumentation über einen Spindoktor, der bei Kommunalwahlen berät.

Von Hans Hoff

"Und jetzt der staatstragende Blick in die Ferne. Zuversicht. Alles wird gut." Klaus Abberger knipst und verbreitet Hoffnung für den Mann, den er gerade fotografiert. Schließlich will der Bürgermeister werden in der Gemeinde Ispringen bei Pforzheim. Abberger soll ihm helfen, denn Abberger kennt sich aus mit Wahlkampf auf dem Land. Früher war er Zeitungsredakteur, dann hat er sich mit einer Werbeagentur selbständig gemacht und berät nun Bürgermeister-Aspiranten. "Nach über 150 Wahlen wird mir noch immer nicht langweilig. Ich finde die acht Wochen vor einer Wahl spannender als die acht Jahre danach", sagt der Berater, der angeblich 70 Prozent seiner Kunden durchbringen konnte.

Der Dokumentarfilmer Klaus Stern (Grimme Preis für Weltmarktführer) hat diesen Klaus Abberger bei zwei Wahlkämpfen in zwei Gemeinden begleitet und zeigt nun mit teils sehr intimen Bildern, was sich abspielt, wenn die Kandidaten nicht im Licht der Öffentlichkeit stehen. Der Berater übt mit ihnen das Reden, er sagt, wie sie auf Presseanfragen reagieren sollen. Er wartet als gut informierter Stratege mit ihnen auf einen geplanten Zeitungsartikel im örtlichen Blatt, der angeblich den amtierenden Bürgermeister kritisieren soll, dann aber nicht am versprochenen Tag erscheint. Solche Dinge sind wichtig. Erst dann kann es losgehen für Abberger und seinen Schützling.

In den knapp 30 Minuten, die dem Format 37 Grad im ZDF zugestanden werden, entwickelt sich rasch so etwas wie ein kleiner Wahlkrimi. Stern hat den Film als Countdown angelegt und versucht, sowohl dem Berater als auch den beiden von ihm betreuten Kandidaten nahezukommen. Rasch steht die Frage im Raum, ob es der Berater schafft, die Schützlinge ins Amt zu hieven. Oder waren seine Dienste, die für einen Kandidaten in einer 6000-Einwohner-Gemeinde leicht mal mit 12 000 Euro zu Buche schlagen können, für die Katz?

Man merkt dieser Produktion an, dass sie mehr sagen könnte, wenn ihr denn mehr Zeit bliebe. Das 30-Minuten-Format legt sich wie ein Korsett um die zu erzählende Geschichte. Trotzdem nimmt sich Stern zwischendrin Zeit für eine ruhige Landschaftsbetrachtung, die deutlich macht, wo das alles spielt: in der Provinz. Zudem verzichtet er auf jeglichen Kommentar aus dem Off, denn die Bilder und die Protagonisten sprechen so eindeutig für sich, dass nur sehr dumme TV-Redakteure hier die Forderung nach einer zusätzlichen Off-Einordnung vorschlagen könnten. Stern weiß halt, wie man einen Film so montiert, dass er in jeder Minute Verständlichkeit atmet.

Leider schafft es das Objekt der Betrachtung trotzdem, am Ende genauso geheimnisvoll zu bleiben, wie es zu Beginn wirkte. Abberger sagt zwar viel, aber er weiß, dass sein Platz der im Hintergrund ist. Ein bisschen wirkt er wie ein Fisch, den Stern gefangen hat, der eine Weile im Netz zappelt, dann aber doch wieder zu entwischen weiß. So bleibt der Bürgermeister-Macher eine Art Phantom - eines, von dem man gerne mehr erfahren würde.

Der Bürgermeister-Macher , ZDF, 22.15 Uhr.

© SZ vom 09.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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