TV-Kritik "Günther Jauch":In den Ruin

Günther Jauch, Carsten Maschmeyer, ARD, Talkshow

"Bonifikationen auf Cybermoney, geleveraged in Produkte ...": Carsten Maschmeyer gerät bei "Günther Jauch" in Erklärungsnöte.

(Foto: dpa)

Es hätte Rainer Brüderles Auftritt werden können - gerade auf dem Parteitag zum FDP-Spitzenkandidaten nominiert, hätte er bei Günther Jauch gleich seine Qualitäten als Wahlkämpfer beweisen können. Doch von dem Talk-Abend bleibt etwas anderes in Erinnerung: Wie der Gastgeber AWD-Gründer Maschmeyer an die Wand fragte.

Von Carsten Janke

Es sah eigentlich alles aus wie immer bei Günther Jauch: ein Aufregerthema, FDP und Linke prominent vertreten und dazu Menschen aus dem Volk, die ihr eigenes Schicksal passend zum Thema zügig vorstellen konnten. Doch der Abend sollte spannender werden als bei ARD-Abend-Talks sonst üblich.

Und das lag nicht so sehr am Thema: "Den Managern ans Gehalt! Brauchen wir ein Gesetz gegen die Gier?" Freilich, das Thema hatte die Gemüter erhitzt. Vor einer Woche war in der Schweiz eine Volksinitiative zur strengeren Regulierung von Managergehältern erfolgreich gewesen. Das wiederum stimulierte eine Diskussion in der EU über Sinn und Möglichkeiten eines solchen Vorhabens.

Der Mann aus dem Volke am Sonntagabend heißt Gerhard Wulff, seit 20 Jahren arbeitet er bei Volkswagen. Sein Chef, der VW-Manager Martin Winterkorn, verdient das 300-Fache dessen, was Gerhard Wulff verdient, knapp 14 Millionen Euro. Zu viel, findet Wulff, er würde ihm "ein bis zwei Millionen" zugestehen. Doch bevor die Diskussion hier schon ins Persönliche rutscht, leitet Jauch über auf die Details einer strengeren Regulierung in Deutschland.

Sogar ein Ultraliberaler

Da gibt es an diesem Abend auf der einen Seite die Beruhiger, die sich für eine stärkere Selbstregulierung durch die Aktionäre aussprechen, die bisherigen Regelungen loben und ansonsten die Vorgaben der EU abwarten wollen. Zu ihnen gehören der gerade auf dem Parteitag nominierte FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle sowie der Aktionärsschützer Klaus Nieding.

Und dann gibt es die Unzufriedenen, die klare staatliche Eingriffe fordern, sei es in Form einer Lohnquote oder durch das generelle Verbot von Bonuszahlungen. Zu ihnen gehören Sahra Wagenknecht von der Linken sowie Thomas Minder, der die Volksinitiative in der Schweiz ins Rollen gebracht hatte.

Und es gibt einen Ultraliberalen: Carsten Maschmeyer. Er lehnt jeden "staatlichen Eingriff in das Eigentum" generell ab.

Jauch holt aus

Nun werden die üblichen Nickligkeiten ausgetauscht. Das Leistungsprinzip müsse auch für Manager gelten. Eine Krankenschwester leiste oft mehr als jeder Finanzmanager (Wagenknecht). Diese Beurteilung solle sie doch lieber den "ehrbaren Kaufmännern" aus dem Mittelstand überlassen, die hätten schließlich ein "ganz eigenes Empfinden" für die Angemessenheit eines Managergehalts (Brüderle). Maschmeyer darf noch einwerfen, dass man bei Musikern oder Malern ja auch nicht nach der Angemessenheit ihrer Bezahlung frage.

Dann holt Jauch aus.

Maschmeyer habe viel Geld verdient mit seinem Finanzdienstleister AWD und dabei "nicht wenige Kunden in den Ruin getrieben". Er habe Zuschauer, die sich im Vorfeld der Sendung gemeldet hätten, samt deren Eltern um ihre Altersvorsorge gebracht und "vorsätzlich falsch beraten". Sogar ein Mitarbeiter in Jauchs Team habe 40.000 Euro verloren. Würde er das denn heute wieder tun?

Peng. Das saß.

Maschmeyer versucht, die Schuld auf die Finanzmärkte zu schieben: "Bonifikationen auf Cybermoney, geleveraged in Produkte, wo auf Währungen spekuliert wird ..." Die Sätze werden lang und länger, aber überzeugen können sie nicht.

Ob er denn jemals entschädigen wolle, fragt Jauch? "Ich habe das Geld nicht", sagt Maschmeyer. Höhnend lacht da das Publikum.

Warum fragt Günther Jauch einen seiner Gäste derart in die Enge? Der Spiegel hatte im Vorfeld der Sendung kritisch über die Einladung Maschmeyers bei Jauch berichtet. Schließlich hatte Maschmeyer eine kritische NDR-Fernsehdokumentation ("Der Drückerkönig und die Politik") 2011 zeitweise gerichtlich verhindern lassen.

Jauchs Gehalt? Nicht das Thema

Nun stand Jauch sowohl vor seinen ARD-Kollegen in der Pflicht, als auch vor einer großen Zahl wütender, geprellter Kleinaktionäre. Jauch hat das gut gelöst. Was Maschmeyer sich von seinem Auftritt in einer Live-Sendung versprochen hatte, wird wohl sein Geheimnis bleiben.

Nun, da der einzige Manager in der Runde unmöglich gemacht worden ist, stellt sich nochmal ein neues Gleichgewicht ein, das Maschmeyer dezent ausschließt. Wagenknecht schafft es mit Bezügen auf "seriöse Managementliteratur" noch den Aktionärsschützer Nieding auf ihre Seite zu ziehen. Aus Mangel an Kompagnons schlägt sich Brüderle auf die Seite von Fußballkommentator Reif. Schließlich ist Brüderle seit dem FDP-Parteitag am Wochenende der selbsternannte "Stürmer" in der FDP.

Es gibt noch einen letzten Versuch des Managers Maschmeyer, in die Runde zurückzukehren. Er spielt auf das Gehalt des Talkmasters Günther Jauch an, über das man den Gebührenzahler ja auch nicht abstimmen lasse. Die Bild-Zeitung schätzte es im vergangenen Jahr auf mehr als eine Million Euro. Die Runde tut gut daran, das nicht weiter zu bewerten.

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