TV-Kritik: "Frag doch mal die Maus":Aus die Maus

Wenn auch ein Furz-Witz nicht weiterhilft: Eckart von Hirschhausen debütierte mit einer verunglückten Wissensshow. Ein "Zugpferd" ohne PS.

Rupert Sommer

Lena Meyer-Landrut kritzelt gedankenverloren ein Pumuckl-Gesicht. Sven Lorig lässt den Mund weit offenstehen. Wigald Boning hat die Hände im Schoß gefaltet, scheint zu überlegen, ob man Däumchen drehen darf. Und gleich zwei Mal zoomt die Kamera auf zwei Asiatinnen im Publikum, die über die ARD-Samstagabend-Enttäuschung diplomatisch hinweglächeln.

Frag doch mal die Maus, Eckart von Hirschhausen, Foto: ARD

Eckart von Hirschhausen, der neue Mäuserich der ARD: Seine Wortspielereien gelten den Senderchefs als gute Unterhaltung.

(Foto: Foto: ARD)

Gegen 22.30 Uhr kommt endlich die Maus bei Frag doch mal die Maus und mit ihr die erlösende Schlussmusik. Dabei sollte wenige Wochen nach den großen faden Geburtstagssendungen, mit denen sich das Erste nostalgietrunken selbst an die alten Tage erinnerte, der Blick eigentlich nach vorn gehen.

Was machen die Unterhaltungskünstler der ARD? Sie spielen in der Mäuse-Sendung die Nummer "Dalli Klick Reloaded" und erinnern so an Hans Rosenthal selig. Und man verpflichtet - dalli, dali - mit Eckart von Hirschhausen einen 42-jährigen Moderator für die Jugendshow, der seine Mission so ehrgeizig ernst nahm, dass er es tatsächlich lustig fand, sich zu Beginn der Sendung selbst als "neues Zugpferd der ARD" zu bezeichnen.

Der mit Kabarett und Büchern bekannt gewordene Hirschhausen - Ersatz für den abgewanderten Jörg Pilawa - schleppte einen 22.000-Liter-Tankwagen ins Rampenlicht, der später "mit der Saugkraft von 260 Staubsaugern" wie eine Getränkedose zerbeult wurde. Doch man sollte sich nicht täuschen lassen: Nicht nur die Edelstahlhülle des Tankwagens wurde bei diesem "Höhepunkt" der Sendung über Gebühr strapaziert, auch Zuschauergeduld und Sitzfleisch waren gefragt.

Verräterisches von Sven Lorig

Der Show fehlte Schwung, den Gästen Aufmerksamkeit. Morgenmagazin-Moderator Sven Lorig schlug sich für die Kameras gut sichtbar nach dem "Saugnapf-Poker" spöttisch vor den Kopf, sodass in den streng geheimen Unterhaltungszirkeln der Arbeitsgemeinschaft noch einige ernste Worte fallen dürften.

Moderator Hirschhausen praktizierte wenigstens gut gelaunten Selbstbetrug und fand, kregel wie Schwiegermutters Liebling, fast alle Kinderfragen abwechselnd "faszinierend", "unglaublich" und "außerordentlich" - während zu Hause in deutschen Wohnzimmern längst in praktischen Übungen die Frühjahrsmüdigkeit erforscht wurde.

Selbst wer absolut gefeit ist vor biederer Vergangenheitsschwelgerei, musste doch die Frage zulassen, wann es früher jemals möglich war, dass Kinderpublikum um diese Uhrzeit eigentlich noch wach bleiben durfte. Oder ist das vielleicht das generationenübergreifende Geheimnis der Öffentlich-Rechtlichen, dass die Jüngeren deswegen die "großen Familienshows" mit anschauen dürfen, damit irgendwer Mami und Papi wieder aufweckt, sobald die Abspannmelodie erklingt?

"So jung und schon so verbogen"

Wenn es doch fast schon heiliges Ziel aller ARD-Bestrebungen ist, im Jahre eins nach Jörg Pilawa die Fernsehzukunft mit jungen Zuschauern zu sichern, muss man sich eigentlich wundern, wie ruppig mit dem Nachwuchs unter Hirschhausens Aufsicht umgesprungen wurde. Da durfte Jutta Speidel tatsächlich laut darüber nachdenken, ob eine der beiden jungen Mädchen von den "Könner-Kindern" eine "Tusse" sei - nur weil es zu erraten galt, wer die Fingernägel-Lackiermaschine konstruiert habe.

Meister Hirschhausen selbst vergriff sich ebenfalls mehrfach im Ton, sagte über eine beeindruckende junge Akrobatin, sie sei "so jung und schon so verbogen". Später versuchte er sich beim zehnjährigen Lukas aus Bamberg, der wissen wollte, wie viel Luft wiegt, mit einem Furzwitz anzubiedern ("... Luft, die den Körper verlässt, so dass man sich erleichtert fühlt"). Und den bereits erwähnten Vakuum-Test bezeichnete der Kabarett-Mediziner etwas unappetitlich als "die größte Absaugung, die jemals ein Arzt durchgeführt hat".

Die ersten zwei Sitzreihen leerten sich dabei übrigens - allerdings nicht aus Empörung, sondern weil der vom WDR bestellte Sicherheitschef doch ein wenig Angst hatte vor dem radikalen Versuch, Quote zu machen. Verletzungen durch herumfliegende Tankteile - das wäre mehr Schlag den Raab, als die ARD am Samstagabend zulassen möchte. Gut möglich, dass Könner-Kind Tim (betulich als "Über-Alles-Darüber-Läufer" bezeichnet) bei seiner Krawallsportart Parcours-Rennen in der parallelen ProSieben-Sendung deutlich mehr Spaß gehabt hätte.

Verstehen Sie den Bauchredner?

Frag doch mal die Maus ist nach dem verstolperten Neustart von Guido Cantz bei Verstehen Sie Spaß? alles an Hoffnung, was die ARD aufzubieten hat. Entertainment wird hier als Hirschhausens Wortspielmanie begriffen. Humor bedeutet: Ein Bauchredner samt Vogelpuppe, der in einer quälend zähen Einlage nicht einmal artige Kinder zum Lachen bringt. Durchschnittlich 4,32 Millionen Zuschauer haben zugesehen.

Als Hauch von Glamour-Welt muss herhalten, dass man nach der Show Sven Lorigs Spitznamen aus Schulzeiten ("Föhnfrisur") weiß - und schnell wieder vergessen kann. Und für's Herz gab's eine Fernschaltung zu Rosi Mittermaiers Sohn Felix Neureuther, der mit 26 Jahren immer noch Mama die Schmutzwäsche vorbeibringt, aber am Vorabend des Muttertags wenigstens versprach, im Keller aufzuräumen. Goldig! Ein Fall für die Neue Post, solange es sie noch gibt.

Jutta Speidel und die ehemalige TV-Skigymnastik-Expertin verkörperten als Mäuse-Rateteam nicht nur perfekt das ARD-Publikum, sondern ihnen gelang genau das, was sich die Programmplaner erträumt hatten: Die beiden unterhielten sich prächtig. Und das zwar nicht so sehr bei Hirschhausens wirrer (Sympathie-)Punktejagd, sondern einfach miteinander.

Man kann nur hoffen, dass auf deutschen Sofas während der Sendung ebenso aufgekratzt geratscht wurde. Und dass die Söhne ihre Muttertagsüberraschungen gut vorbereiteten. Aus die Maus.

Bewundernswert aber, wie oft Lena in diesen Tagen im Fernsehen zu bewundern ist. Kurz nach ihrem Auftritt in der aufgezeichneten ARD-Show sang sie dann live auf ProSieben bei Stefan Raab, ihrem Förderer. Vielleicht sollte er ihr einfach raten, dass bestimmte Sendungen nicht gut für die Karriere sind.

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