Süddeutsche Zeitung

TV-Kritik: "Dschungelcamp":"Magst du Kopf oder Popo?"

Im Dschungel sind die Maden los: Während Sarah eine weitere Prüfung verbockt, verblüfft Rainer Langhans mit Fachwissen. Das Urwald-Traumpaar wird intim - ein bisschen. Und dann muss der erste Star das Camp verlassen.

Rupert Sommer

Die guten Nachrichten vorneweg: Die Maden haben es überlebt. Künftig gibt es im Camp Klopapier ohne Beschränkungen. Und Rainer Langhans hat sich zwei Worte abgerungen, mit denen er seine Fangemeinde auf einen Schlag verzehnfacht haben könnte.

Dass hingegen TV-Hochzeitsplaner Frank Matthée, genannt "Froonck", von den RTL-Zuschauern als Erster aus der Dschungel-Elf gewählt wurde, dürfte nur wenige Fans wirklich traurig stimmen. Immerhin bleibt ja noch die blonde Nerv-Natter, die mal bei Germanys Next Topmodel mitstöckelte. Ihr Nachname tut selbst für Dschungelcamp-Moderatorin Sonja Zietlow nichts zur Sache: Der Belanglosigkeit halber nennt sie Sarah Knappik konsequent einfach nur "Sarah Dingens".

Nach den offiziellen Ergebnissen des Telefonvotings, die vielleicht auch ganz gut zum Drehplan passen, kann sich Sarah Dingens wenigstens rühmen, dass sie die Zuschauer wiedererkennen - wenn auch motiviert durch Missgunst und Schadenfreude. Zum sechsten Mal in Folge wurde Miss "Yes, I can't" (O-Ton Zietlow) für eine der voyeuristisch verwertbaren Dschungelprüfungen nominiert, die nach Gesetzen des Genres eklig sein müssen.

Diesmal galt es, eine "Abiturprüfung" aus sieben Disziplinen zu bestehen - und Sarah verbockte sie kläglich. Vor versammelter Mannschaft, die angetreten war, um ihre Mit-Insassin anzuspornen, nun doch wenigstens einmal einen glitschigen Aal aus einem Bottich zu grabschen oder ein Gläschen trüber Kakerlaken-Milch zu leeren, gelang es Sarah lediglich, einen einzigen Stern selbst zu ergattern. Für jede der Plastiktrophäen bekommt das hungernde Team laut Spielregeln eine Mahlzeit am Abend.

Drei weitere Sterne tauchte heldenhaft der als Joker eingesprungene Leistungsschwimmer Thomas Rupprath aus einem Wasserbehälter, der mit Fischabfällen und dem üblichen Dschungelschleim gefüllt war. Bei den meisten Prüfungen trat Sarah hingegen zum Unmut ihrer Leidensgenossen gar nicht erst an. So weigerte sie sich etwa, in einen mit den bei RTL allgegenwärtigen Kakerlaken gefüllten Mantel zu schlüpfen und einen Helm aufzusetzen, in dem sich Schleim und Mehlwürmer befanden.

Rainer gelingt die Sensation

Sie begründete das mit ihrer Angst ums leibliche Wohl der Krabbel- und Kriechtiere - eine Taktik, die sie sich wohl vom radikalen Tierschützer und Kommunarden Rainer Langhans abgeschaut hat. Sympathiepunkte brachte ihr dies nicht ein - nur das Getier dankte es ihr vermutlich.

Das wahre Martyrium erlitt indes der Zuschauer der Prüfung, der beim Zusehen und quälenden Warten geradezu die eigene Lebenszeit verstreichen sehen konnte. Dirk Bach erinnerte ihmmerhin an den bevorstehenden Sonnenuntergang. Rainer Langhans versteckte den Wuschelkopf zwischen den Knien und starrte Maulwurfslöcher in den Dschungelboden. Nur als die Team-Mitglieder um ihn herum Sarah mit lautem Klatschen anfeuerten, hielt er sich erschrocken die Ohren zu. Vielleicht wollte er sich aber auch nur aufs Kopfrechnen konzentrieren. Als Sarah vor der kniffligen Rätselaufgabe zehn geteilt durch fünf stand, bat sie hektisch ihre Mitspieler um Hilfe.

Während Sarah letztlich kläglich scheiterte, gelang Langhans aber am achten Dschungeltag noch eine Sensation, die er sich vermutlich selbst nicht zugetraut hätte: Bei einem "Wer bin ich?"-Ratespiel, mit dem die Elf gegen die Langeweile ankämpfte, erriet Langhans das Rätsel in Windeseile und sprach zwei magische Worte gelassen aus: "Justin Bieber" lautete seine Antwort auf die Frage nach dem von Teenies umjubelten Jungstar.

Playmate Indira war fassungslos. "Rainer könnte locker einen Job bei Bild bekommen", erklärte sie beeindruckt. Dass der Mann, den sie den "Camp-Catweazle" nennen und der sich meist weltentrückt durchs Programm schweigt, ausgerechnet einen jungen US-Star kennt, kann sich Indira nur durch ein heimliches Doppelleben erklären. "Der muss den ganzen Tag im Internet surfen und sich den Gossip reinziehen", sagte sie.

Dass die verbleibenden "Stars" schon bald andere Saiten aufziehen werden, um ihren Verbleib im Camp zu gewährleisten, ist offensichtlich. Momente von intimer Beschaulichkeit - wie jener, in dem sich ein hungriger Mathieu Carrière und sein Freund Peer Kusmagk gemeinsam eine Heuschrecke grillten ("Magst Du Kopf oder Popo?"), könnten seltener werden.

Anderen freundschaftlichen Verbindungen kommt hingegen umso mehr Bedeutung zu: "Leslie, halte durch", schwor "Camp-Hobbit" Eva Jacob ihren Plüschhund auf die anstehende härte Gangart ein. Und auch Jay und Indira verstehen sich gut. Als sie gemeinsam bei der "Schatzsuche" eine Nacht allein im Dschungel verbringen durften, raschelte die Decke des gemeinsamen Lagers immerhin ein wenig. Doch Jay blieb diskret, selbst als Indira "pullern" musste, wie sie es ausdrückte, obwohl beide durch Handschellen aneinander gekettet waren. Ganz Gentleman, dreht er sich höflich zur Seite. Ihre Reize, erklärte er, kenne er ja ohnehin schon aus einem einschlägigen Männerheft.

Ex-Playmate Gitta Saxx hat dagegen mit der australischen Schlammschlacht schon abgeschlossen. "Ich würde gerne gehen", sagte sie, kurz bevor bekannt gegeben wurde, wen die Zuschauer rausschmeißen wollten. Ihr durchaus nachvollziehbarer Geburtstagswunsch wurde der 45-Jährigen verwehrt.

Stattdessen war "Froonck" dann plötzlich ebenso schnell weg, wie die Hochzeit von Sarah Connor und Marc Terenzi im vergangenen Jahr geschieden worden war. Durch die pompöse Trauung der beiden Popsternchen, aufwändig inszeniert in der Serie Sarah & Marc in Love, war der 38-jährige Hochzeitsplaner 2005 zu bescheidener Berühmtheit gelangt. Die half ihm jetzt aber auch nichts mehr: Der stets muntere "Froonck" muss - oder darf - das Ende der Dschungel-Tortur in einem australischen Hotel abwarten. Und die Maden bleiben.

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