Das Imperium schlägt zurück: Seit Jahren wird dem Privatfernsehen vorgeworfen, es behandle seine Protagonisten auf menschenunwürdige Weise, es sei ein Panoptikum der Zugerichteten und Vorgeführten, kurzum ein richtiger Menschenzoo. Besonders in seinen wie Unkraut aus dem Boden schießenden Doku-Soap-Formaten weide das Privatfernsehen sich am Schmerz der Anderen.
Unter Artgenossen: Die neue Doku-Soap "Das Tier in mir" bildet den Kern des neuen montäglichen Trash-Feuerwerks auf RTL 2.
(Foto: dpa)Nun will RTL 2 stellvertretend für eine ganze Branche aus der Defensive kommen. Der neu programmierte Montagabend ist ein dreistündiger Versuch, sich gutgelaunt zum schlechten Ruf zu bekennen: Schaut her, ja, wir sind der Menschenzoo, für den ihr uns immer gehalten habt, ja, wir zeigen Schmerzen, aber wir haben kein schlechtes Gewissen, sondern Spaß. It's fun. So sind wir halt.
Ist das nun Chuzpe oder einfach nur dreist?
Mit drei neuen Doku-Soaps hintereinander will RTL 2 den Montag zu seinem Markenzeichen machen. Den Kern der Trash-Offensive bildet das Mittelstück: Das Tier in mir. Promis beziehungsweise solche, die sich dafür halten, sollen buchstäblich "die Sau raus lassen". In der ersten Folge unterzogen sich der RTL-Moderator Oliver Beerhenke und Transvestie-Künstlerin Olivia Jones einer angeblich ebenso gewaltigen wie gefährlichen Herausforderung: Sie sollten "vier Tage lang, 24 Stunden am Tag, leben, fressen, kommunizieren und gehen wie Tiere".
Unter Artgenossen
Zu sehen waren dann lediglich unter ständiger Beschallung mit Disco-Mucke zusammengeleimte Schnipsel vorwiegend degoutanten Inhalts: Olivia stieg in einen braunen Overall und beschmierte selbigen mit Kamelmist. Oliver zog sich ein Bärenkostüm über und bestrich es mit Bärenkot - denn Braunbären und Trampeltiere waren nun ihre "neuen Artgenossen". Die Semipromis sollten schließlich immer mal wieder so tun, als wären sie Tiere: eine karnevalistische Übung.
Natürlich war Oliver bei Tag durch einen Draht und mindestens eine Aufpasserin vor dem Braunbär auf der Koppel geschützt. Nachts schlief er im Zwinger nebenan. Wenn die Kamera auf ihn gerichtet war, schnitt er Grimassen. Einmal grapschte er im selben Teich wie der Bär nach Fischen und handelte sich so ein Sonderlob der Aufpasserin ein: Das sei ein "super Erfolgserlebnis" für Mensch Oliver. Ein anderes Mal aß er Salat und Trauben, wie es Bärensitte ist, und schmatzte vergnügt.
Olivia hingegen platzierte den Schlafsack inmitten des Kamelgeheges und schlief kaum. Die Tiere nämlich schnarchten, schmatzten, setzten Darmwinde frei. Am Tag trug Olivia einen Fellrucksack als Höckerersatz. Sie schleckte kurz am sehr salzigen Mineralstein und imitierte, ebenso kurz, einen Kamellaut.