TV-Krankenhausserien:Gefährliche Eingriffe

Arztserien sind gefährlich, meinen Forscher - die Laien in den Fernsehsesseln würden sich falsches Wissen aneignen. Gewarnt wird vor falschem Umgang mit Epileptikern.

Christina Maria Berr

George Clooney kann alles: Offene Schädel-Operationen, schwierige Reparaturen am Herzen und Beinbrüche und Co. sind für den wunderschönen Helden aus der Notaufnahme ohnehin kein Problem. Clooney spielt den Dr. Douglas Ross in der beliebten US-Serie Emergency Room. Und diese medizinische Allmacht gefällt sogar echten Medizinern.

Grey's Anatomy

Leider nicht wie im richtigen Leben: Liebe, Leidenschaft und Notfall-OPs in der Serie

Grey's Anatomy.

(Foto: Foto: Touchstone Television)

Überhaupt entspannen die Herren Doktores gerne mal vor dem Fernseher, und was wäre da nicht netter, als die letztlich heile Serien-Welt, in der die Mediziner nach einer - in der Wirklichkeit schweißtreibenden Wiederbelebung - aussehen, wie aus dem Ei gepellt. Und auch sonst gehen brenzlige Situationen ja immer wieder überraschenderweise gut aus - leider gar nicht wie im richtigen Leben.

Serie ist eben nicht Klinikalltag. Und genau dafür bekommen die Macher der beliebten Sendungen Grey's Anatomy, Dr. House, Private Practice und Emergency Room - Die Notaufnahme nun Ärger. Der Grund ist eine Studie, die besagt: Das, was die TV-Götter in Weiß da machen, ist aus medizinischer Sicht schlicht Blödsinn. Doch wer sich an Clooney und Co. ein Beispiel nimmt, könnte im Notfall sogar fatale Fehler machen.

Im Notfall sind Laien vor Ort

Ärzten vor dem Fernseher ist das nicht neu, Laien jedoch durchaus. Und um die geht es in dieser Studie. Denn im Notfall hat der Laie sein medizinisches Halbwissen aus einer Serie. Aber, so die US-Forscher, vieles ist falsch. Dafür haben Sie 327 Folgen verschiedener Krankenhausserien angesehen und ausgewertet. So werden etwa epileptische Anfälle in Serien zu etwa 50 Prozent falsch behandelt. Aber gerade bei solchen Attacken ist erste Hilfe von Laien durchaus gefragt.

Die Statistik verrät jedoch nichts Gutes: In 59 der 327 Folgen erleiden Patienten epileptische Anfälle, in 51 Fällen nahmen sich Ärzte oder Schwestern der Patienten an, was den Experten zufolge nur bei länger anhaltenden Krämpfen erforderlich ist. So weit, so medizinisch überflüssig.

In 25 TV-Folgen jedoch handelte das Krankenhauspersonal richtig falsch und versuchte etwa, die zuckenden Epileptiker festzuhalten und ihnen etwas in den Mund zu schieben, um ihre Zähne zu schützen. Nur in 17 Prozent der Fälle stimmten medizinische Maßnahmen und schauspielerische Darbietung überein.

Aufklärung des TV-Publikums

Diese Ergebnisse sollen nun auf der Jahrestagung der American Academy of Neurology im April in Toronto vorgestellt werden. Aber bereits jetzt geht der Studie eine Warnung voraus: "Fernsehdramen sind ein ideales Instrument zur Aufklärung eines breiten Publikums in erster Hilfe bei epileptischen Anfällen", sagt der Leiter der Studie, Andrew Moeller von der kanadischen Dalhousie University.

Er meint, die Fernsehindustrie solle korrekte Darstellungen zeigen, damit Laien für den Notfall auch lernen können. Ob das für all die Herz-Schmerz-Geschichten zwischen Patienten- und Ärztezimmern auch gilt, verrät die Studie nicht.

Verliebt in Herrn Doktor - das wäre doch auch eine wissenschaftliche Untersuchung wert.

Von den insgesamt vier kritisierten US-Serien wurden oder werden drei von ProSieben in Deutschland ausgestrahlt: Grey's Anatomy, Private Practice und Emergency Room. Dr. House läuft bei RTL.

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