Süddeutsche Zeitung

TV-Film "Holger sacht nix":Friss oder stirb!

Nein, reden kann Holger schon. Es ist zwar nicht viel und nicht nett, aber zumindest mehr, als der Titel des ARD-Films vermuten lässt. Warum "Holger sacht nix" über einen mundfaulen Bauern einen Trend bedient und dabei an Margarine-Werbung erinnert.

Else Buschheuer

Seit er den Hof an den Jungbauern Nico verkauft hat, wohnt Holger, ein knarziger Neu-Rentner, mit seiner Frau Lilo in einer adretten Reihenhaus-Siedlung. Lilo ist der Meinung, er soll Hobbys haben, so was wie Modellflugzeugbau. Mit allen Mitteln will sie ihm das Rentnersein schmackhaft machen: "So ein Hobby ist Luxus. Und nachher haste was zum drauf stolz sein."

Holger aber schleicht sich lieber in sein altes Bauerngehöft, füttert die Lämmer und zieht sich den Ärger von Neubesitzer Nico zu. Lilo versucht, Holger mit deftigen Stullen von den Ausflügen nach Hause zu locken: "Stinkekäse mit Wurst! Schmackofatz!". Aber auch das lockt Holger nicht. "Du, wir machen uns das richtig schön", ruft Lilo tapfer in Holgers emotionale Wüste. Aber niemand hört. Niemand antwortet.

Holger ist sein eigener Feind geworden. Fest verschlossen ist sein Mund unterm grauen Schnäuzer, finster und erloschen sein Blick, kaputt sein Leben. Der Hof ist fort, die Tochter Olga hat ihn verlassen, ist in die Stadt gegangen, um Schauspielerin zu werden, und Lilo, seine Frau, schäkert mit dem Nachbarn, einem skurrilen Ex-General, herum.

Nichts ist so, wie es sein soll, deswegen schweigt Holger, wenn auch nicht so konsequent, wie es der Titel des Films, Holger sacht nix, nahelegt. Er sagt schon ab und zu was, nur nicht sehr viel und nicht sehr nett. Auch dass Olga mit ihrem Sohn Theo auftaucht, hebt Holgers Stimmung nicht. Er sieht nicht, dass sie ist wie er, sturköpfig, geschickt Trecker-fahrend, heimlich rauchend, vielmehr trägt er ihr immer noch nach, dass sie weggegangen ist, dass sie einst die Hochzeit mit dem Jungbauern Nico hat platzen lassen. Er lässt auch Theo, den herzigen Enkel, abblitzen, obwohl der sich beharrlich um die Zuneigung des Großvaters bemüht.

Skurrile Bauern-Komödien sind schwer in Mode. Hartnäckig werden maulfaule Landwirte inszeniert, die Frauen suchen oder ihren Hof verlieren oder auf Bio umsteigen. Die Fernsehfilme wirken oft wie Auftragswerke, in denen Redakteure Drehbuchautoren die Zutaten in den Schoß schütten: Friss oder stirb! Alles ist irgendwie gleich und irgendwie nicht richtig gut. Tilo Prückner, der den Holger spielt, bleibt unverständlich in seinem Handeln, sowohl in seiner Ablehnung dem zutraulichen Enkelsohn gegenüber als auch in seinem übermütigen Stimmungsumschwung zum Schluss.

Seine Tochter Olga, gespielt von Julia-Maria Köhler, ist zwar auf moderne Art schneewittchenschön, aber ohne Glaubwürdigkeit für ihre Rolle; allein Carmen-Maja Antoni als Lilo und Edgar M. Böhlke als General schwingen sich in ihrem Spiel zum geriatrischen Traumpaar auf. Doch just in dem Moment, in dem man sich wünscht, dass die beiden sich kriegen, bahnt sich ein innerfamiliäres Happy End an, das, mit Verlaub, die Anmutung von Margarine-Werbung hat.

Holger sacht nix ARD, am Mittwoch um 20:15 Uhr.

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SZ vom 26.10.2011/cag/gr
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