TV-Duell:Faktenfest in die Retro-Falle

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Das Fernsehstudio, in dem ARD und ZDF ihr TV-Duell stattfinden ließen. (Foto: MICHAEL KAPPELER/AFP)

Wie werden die Auftritte von Scholz und Merz im TV-Duell bewertet? Die Presseschau.

Der Spiegel hat ein „Wahlkampf in der Retro-Falle“ beobachtet. Das TV-Duell erscheine wie „ein Anachronismus in Form, Inhalt und Besetzung“. Kritik wird auch an der grundlegenden Struktur der Veranstaltung geübt, angesichts einer bislang nicht gekannten Zersplitterung der Parteienlandschaft, sei ein Duell „zumindest rechnerisch“ nicht gedeckt. Zentrale Zukunftsthemen, wie die Politik von US-Präsident Trump, der Klimawandel oder auch die Umwälzungen durch KI, seien mitunter gar nicht zur Sprache gekommen. Die beiden Kandidaten selbst hätten sich zwar „faktenfest“ präsentiert, beide hinterließen jedoch „eine emotionale Leerstelle“.

Auch bei Zeit Online wird das Duell als „hinreichend seriös“, aber „nicht sonderlich inspirierend“ bewertet. Bundeskanzler Scholz habe zwar „einen souveränen, kämpferischen Auftritt“ gezeigt und Unions-Kandidat Merz keinen groben Fehler begangen - das sei aber für Scholz angesichts von 14 Prozentpunkten Rückstand zu wenig. Dieses Duell werde die Dynamik des Wahlkampfes kaum verändern.

Wer sich von der TV-Debatte inhaltliche Überraschungen erhofft hatte, sei enttäuscht worden, stellt die Frankfurter Allgemeine Zeitung fest. Bekannte Standpunkte, nur kleine Neuigkeiten hätten Scholz und Merz verkündet. Deutlich geworden sei: „Eigentlich passen die beiden Männer ganz gut zueinander.“ Doch während Scholz bei einer neuen großen Koalition kaum dabei sein wolle, werde für manche in der SPD der Weg zu einer Zusammenarbeit mit Merz deutlich weiter sein. „Aber sie werden ihn beschreiten.“

Das erwartet auch die taz aus Berlin. Es sei zu befürchten, dass sich die Sozialdemokraten auf eine Koalition einlassen würden, in der die Union die großen Linien vorgibt. SPD und Grüne „rennen dem rechten Zeitgeist hinterher“, so die Zeitung. „Scholz rühmte sich seiner Verdienste als Abschiebekanzler.“ Dennoch hofft die taz auf eine Trendumkehr zugunsten der SPD in den verbleibenden zwei Wochen bis zur Wahl: „Vielleicht entsteht ja doch noch eine neue Dynamik.“

Die Neue Zürcher Zeitung sieht Merz bei dem Duell im Vorteil - zumindest im Hinblick auf die Körpersprache. „Im Gegensatz zu Merz gerät Scholz im Laufe der Debatte sichtlich unter Druck.“ Er habe, wenn er antworten wollte, erst einen Finger in Richtung der Moderatorinnen gehoben, beobachtet die Zeitung. Der CDU-Chef dagegen habe auf solche Gesten verzichtet, „er wirkt über weite Strecken amüsiert“.

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