Süddeutsche Zeitung

TV-Doku "Neues vom Hankenhof":Kabel Eins kann nicht von Tamme Hanken lassen

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Nach dem plötzlichen Tod des Tier-Chiropraktikers füllt der Sender die Programmlücke mit dessen Frau. Was Kabel Eins mehr nützt als der Witwe Hanken.

TV-Kritik von David Denk

Bei Todesfällen heißt es oft, der oder die Verstorbene hinterlasse eine große Lücke. Bei Tamme Hanken klafft diese Lücke offenbar besonders gewaltig, und das nicht nur weil der fernsehbekannte Tier-Chiropraktiker mit 2,06 Meter Körpergröße und 140 Kilo Gewicht eine überaus raumgreifende Erscheinung war. Tamme Hanken wurde zum Publikumsliebling, weil er ein ganz erstaunlich zartfühlendes Händchen für Tiere wie deren Halter hatte - auch wenn er im Ton mitunter barsch werden konnte. Als der "Knochenbrecher", wie man Hankens Profession in seiner ostfriesischen Heimat nennt, im vergangenen Oktober 56-jährig an Herzversagen starb, war das einerseits ein Riesen-Thema für den Boulevard, der die Trauer der Fans um Tanne Hanken ausgiebig ausschlachtete. Für die Fernsehsender NDR und Kabel Eins, die mit Hanken eine Marke geschaffen hatten, den "XXL-Ostfriesen", war sein Tod auch programmlich eine Katastrophe.

Plötzlich stellte sich nicht nur für seine Witwe Carmen die Frage, wie es weitergehen soll mit dem gemeinsamen Pferdehof in Filsum bei Leer. Die Antwort darauf hat zumindest der Privatsender Kabel Eins nun offenbar darin gefunden, Carmen Hanken mit der Kamera dabei zu begleiten, wie sie ihr Leben auf dem Hankenhof ohne ihren Ehemann weiterführt. Beim Zuschauer kommt schnell der Verdacht auf, dass das dem Sender mehr nützt als der Witwe, die in dem Doku-Zweiteiler vor allem als Vorwand für eine Art Geisterbeschwörung auf dem Bildschirm dient. Weil Tamme nicht mehr da ist, nimmt man eben mit Carmen vorlieb und zeigt in üppigen 90 Minuten Nettosendezeit zur Primetime eingerahmt von aktuellen Bildern ein Best-of mit Szenen aus dem Leben und von den Reisen eines Mannes, dessen archaisch anmutendes Handwerk des Einrenkens von Tieren und auch mal Menschen ihn auf Handlungsreisen bis in die Mongolei führte. Die Off-Stimme sagt: "Tamme fehlt einfach. Das ist immer und überall spürbar."

In den USA trifft die Witwe Tamme Hankens Patenschildkröte

"Auf den Spuren" ihres Mannes fliegt die Witwe Carmen Hanken dann also auf Senderkosten in die USA und trifft dessen frühere Kunden und Patienten sowie die Patenschildkröte. Wohl als eine Art Ablenkung von dieser geballten öffentlichen Trauerarbeit darf sie schließlich auf dem Hollywood Walk of Fame den Stern ihres Idols Chuck Norris suchen. "Ich hab ihn gefunden", ruft sie irgendwann und springt wie befreit darauf herum. Man gönnt der Frau diesen kurzen Moment sehr. Eine Kamera hätte sie dafür allerdings vermutlich nicht gebraucht.

Neues vom Hankenhof - Tamme forever! , Kabel Eins, diesen und nächsten Dienstag, 20.15 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 07.02.2017
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