Süddeutsche Zeitung

TV: ARD-Programmschema:Der Plan der Architekten

Das neue ARD-Programmschema bricht mit alten Gewohnheiten: Von Montag bis Donnerstag wird am Fernsehabend voraussichtlich alles anders. Ob Neuzugang Günther Jauch damit glücklich wird, ist fraglich.

Christopher Keil

Es war eine Zusammenkunft ohne die künftige Vorsitzende der ARD. Monika Piel vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) fehlte beim Gipfeltreffen der Intendanten am Montag und Dienstag dieser Woche in Bonn. Folglich habe es keine "endgültige Beschlussfassung" zum neuen Programmschema gegeben, wie einer der Teilnehmer sagte. Die Kollegen übten sich also in Höflichkeit, verkündet wurde an diesem Mittwoch von ARD-Programmdirektor Volker Herres Mittelwichtiges - beispielsweise, dass ARD-Chefredakteur Thomas Baumann, 49, weitere fünf Jahre tätig sein wird.

Tatsächlich haben sich die neun ARD-Spitzenmanager auf den neuen Grundriss des Abendprogramms von Montag bis einschließlich Donnerstag nahezu verständigt. Die TV-Architekten vom Ersten brauchen einen Plan, in dem zum einen die neue feste Anfangszeit der Tagesthemen um 22.15 Uhr berücksichtigt ist und der zum anderen das Rätsel löst, wie man fünf Moderatoren mehr oder weniger politischer wie gesellschaftspolitischer Talkshows auf fünf aufeinanderfolgende Abende verteilt.

Für Beckmann bleibt der Dienstag

Nach SZ-Informationen wird Frank Plasberg von Herbst 2011 an montags um 21 Uhr mit Hart aber Fair antreten, wie bisher für 75 Minuten. Für Anne Will, die derzeit noch die politische Sonntagsrunde leitet und 2011 nach der Sommerpause von Günther Jauch ersetzt wird, ist offenbar der Mittwoch reserviert. Sie begänne grundsätzlich mit einer dann neuen Sendung nach den Tagesthemen um 22.45 Uhr, an Tagen von Fußballübertragungen später.

Unklar ist angeblich noch, ob Reinhold Beckmann oder Sandra Maischberger mit ihren Talkshows auf den Dienstag oder Donnerstag verschoben werden. Dafür, dass Menschen bei Maischberger donnerstags nach den Tagesthemen läuft, spricht ihr Konzept. Maischberger führt eher weiche, übergreifende Generationengespräche, die nicht mit dem politischen ZDF-Talk kollidieren, den Maybrit Illner seit Jahren gekonnt leitet. Für Beckmann bliebe also der Dienstag. Auf die bisherige Stelle, montags nach den Tagesthemen, soll eine Dokumentation gesetzt werden.

Wenn es dabei bleibt, würde das bedeuten: Die Intendanten haben alles, was bisher irgendwie doch Gewohnheit war an den späten Abenden von Montag bis einschließlich Donnerstag, verändert. Ob Günther Jauch so glücklich ist, dass Plasberg ihm unmittelbar folgt, ist die Frage. Wie Jauch am Sonntag wird auch Plasberg am Montag ein aktuelles Thema verhandeln, oft genug ist es das aktuelle Thema.

Nicht ohne Risiken

Beckmann wird sich dienstags vermutlich problemlos einrichten können, Will startet mit einer neuen Talkshow, was eine Chance ist, wie stets nicht ohne Risiken. Und bei Maischberger wird die Entwicklung zeigen, ob das öffentlich-rechtliche Fernsehen für zwei, wenn auch wesensverschiedene Diskussionsgruppen ausreichend Zuschauer findet.

Noch gibt es aber eine oppositionelle Haltung gegen den Umbauplan. NDR-Chef Lutz Marmor, soll dagegen sein, Plasberg montags um 21 Uhr anzusetzen (obwohl der Montag ein Quotenproblemtag der ARD, ist und Plasberg das ändern könnte). Aus dem NDR ist zu erfahren, dass Marmor für eine einheitliche späte Talkshowleiste votiere.

Und damit bleibt wenigstens eines beim Alten: Wenn es um Talkshows im Ersten geht, verhaken sich die federführenden Anstalten jedes Mal. Derzeit führt der NDR 3:2 gegen den WDR, weil er für Jauch, Beckmann und Will zuständig ist, der WDR in der umlagefinanzierten Konstruktion für Maischberger und Plasberg. Und von 2011 an ist Frau Piel ARD-Vorsitzende.

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SZ vom 16.09.2010/mikö
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