Türkei:Verfassungsgericht: Wikipedia-Sperre rechtswidrig

Von Christiane Schlötzer

Seit zweieinhalb Jahren ist Wikipedia in der Türkei gesperrt. Das türkische Verfassungsgericht hat dies nun für rechtswidrig erklärt und ein Ende der Blockade gefordert. Das berichteten am Donnerstag die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu und oppositionelle Medien. Die türkische Telekommunikationsbehörde hatte die Sperre mit zwei inzwischen geänderten, englischen Wikipedia-Artikeln begründet, in denen behauptet wurde, die Türkei unterstütze Terrororganisationen.

Jetzt muss ein unteres Gericht über die Umsetzung des Urteils entscheiden. Urteile des Verfassungsgerichts zur Stärkung der Meinungsfreiheit wurden zuletzt von einfachen Gerichten öfter ignoriert, was juristisch höchst fragwürdig ist.

Wikipedia nannte das Urteil dennoch bereits einen "großen Erfolg". Von der Organisation Wikimedia Deutschland hieß es dazu: "Die Welt kann nun wieder am Wissen der aktiven türkischen Freiwilligen-Community in allen Sprachversionen der Wikipedia teilhaben." Freies Wissen über die Türkei müsse auch aus der türkischen Bevölkerung heraus wachsen, sonst werde der Blick auf das Land auf Dauer verfälscht, sagte der geschäftsführende Vorstand Abraham Taherivand.

Derzeit wird Wikipedia nur noch in China vollständig blockiert. In der Türkei hatten viele Nutzer des Internet-Lexikons die Sperre durch die Einwahl in einen VPN-Server umgangen. Wikipedia hatte über die hinter der Plattform stehende US-Organisation Wikimedia Foundation sowohl beim Verfassungsgericht in Ankara als auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine Beschwerde gegen die Sperrung eingereicht.

© SZ vom 27.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: