Süddeutsche Zeitung

"Tschugger" auf Sky:Raclette-Cops

Die Alpen-Polizei-Satire "Tschugger" war in der Schweiz ein Großerfolg. Nun ist sie erstmals auch in Deutschland zu sehen.

Von Timo Posselt

Die Bevölkerung des Schweizer Kantons Wallis ist ein eigensinniges Bergvolk: Ihr Blutalkoholpegel liegt stabil über Null, ihre Eltern sind meist schon vor der Heirat verwandt und ihr Verhältnis zur Restschweiz ist in etwa so liebevoll wie jenes der Deutschen zu ihrer Bahn. Alles üble Klischees, natürlich. Aber genau auf solchen baut die Trash-Polizei-Serie Tschugger. Nun ist sie erstmals auch in Deutschland zu sehen. Gott sei dank mit Untertiteln.

Tschugger sind im selbst für Restschweizer schwer verständlichen Walliser Dialekt Polizeibeamte - und ein Prachtexemplar dieser Gattung ist der Held der Serie, Johannes Schmidhalter, genannt Bax (David Constantin): Er sieht aus wie eine Schweizer Version von Dave Starsky aus der 70er-Jahre-US-Polizeiserie Starsky & Hutch, lebt wie ein "Big Lebowski" in den Alpen und verkörpert provinzpolizeiliche Inkompetenz. Sein Revier ist der Wilde Westen unter den Kantonen und sein größter Ermittlungserfolg die Festnahme eines renitenten Hanfbauers. Bax' Kollege heißt Pirmin und wirkt auch genauso (herrlich verstockt: Dragan Vujic). In einer Kaskade unwahrscheinlicher Zufälle werden die beiden in den Mordversuch am lispelnden Polizei-Praktikanten Patrick (Cedric Schild) verwickelt, in dem auch eine Möchtegern-Gangster-Rapperin, ein weinerlicher Baulöwe und die norditalienische Sugo-Mafia mit faschistischem Einschlag mitmischen. Diese Gemengelage ergänzt die Bundespolizistin Annette (souverän in ihrer ersten Rolle: Popsängerin Anna Rossinelli). Im Auftrag der Fedpol soll sie die Hintergründe zum umstrittenen "Radarfest" der Polizeistation ermitteln, bei dem der Weißwein erst aufs Hirn und dann auf den Abzug eines Karabiners drückte und die Hand von Bax dran glauben musste.

Der Klamauk in Tschugger ist so konsequent angerichtet, dass es schwerfällt, das typenreiche Personal nicht sofort ins Herz zu schließen. Viele der Nebenrollen sind mit lokalen Laien besetzt. So ist der väterlich-besorgte Polizeikommandant Biffiger (Laurent Chevrier) zum Beispiel ein Steuerberater aus dem Tal und der schläfrige Spital-Security-Mann mit Teaser (Sebastian Werlen) ein Kantonsrat der Sozialdemokraten. In der Schweiz lachte so nicht bloß die halbe TV-Nation über den liebevollen Klischee-Reigen, sondern auch das berüchtigte Tal selbst: Tschugger lief im Bergkanton in Kinosälen voller tränenlachender Walliser.

Die Vorbilder stammen aus amerikanischen 80er-Jahre-Komödien wie "Beverly Hills Cop"

Dem Schweizer Fernsehen bescherte die Eigenproduktion vergangenes Jahr Traumquoten und ihrem lokal verwurzeltem Erfinder David Constantin den Auftrag für eine zweite Staffel. In der ersten war er gleichzeitig Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller. Mats Frey, der schon den deutschen Netflix-Hit How to Sell Drugs Online (Fast) mitverantwortete, schrieb am Drehbuch mit. Filmisch arbeiten sich die beiden bei Tschugger an amerikanischen 80er-Jahre-Polizei-Komödien wie "Beverly Hills Cop" ab. Motivisch wirkt Tschugger hingegen wie eine Mischung aus dem Niveau-Limbo eines "Borat" und dem französischen Selbstbefragungsklamauk von "Willkommen bei den Sch'tis". Auch in Tschugger ist die Provinz das sublimierte Es der Metropole - nur spricht es hier in einem völlig unwahrscheinlichen Dialekt.

Tschugger, fünf Folgen, auf Sky.

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