US-Medien:"Wir müssen uns nach einem neuen Nachrichtenkanal umsehen"

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Da war die Stimmung noch gut: US-Präsdient Donald Trump im September 2018 mit dem Fox-Moderator Sean Hannity. (Foto: AFP)
  • In den vergangenen Wochen hat Donald Trump seinen Lieblingssender Fox News mehrfach öffentlich kritisiert.
  • Tatsächlich will der US-Präsident aber wohl kaum den Bruch mit Fox, sondern noch mehr distanzlose und möglichst euphorische Berichterstattung.

Von Alan Cassidy, Washington

Immer am frühen Morgen und am späteren Abend sind die Dinge noch in Ordnung. Wenn Donald Trump in der Residenz des Weißen Hauses als erstes den Fernseher anstellt, sieht er bei Fox News ein Grüppchen von Moderatoren auf einem Sofa, das ihn in der Frühstückssendung "Fox and Friends" freundlich lächelnd in den Tag führt. Wenn er sich dann ab 20 Uhr wieder vor den Bildschirm setzt, sieht er ein paar weitere Moderatoren, die ihm in nun wütender Tonlage die Welt so schildern, wie er sie gerne hätte. Bei Tucker Carlson, Sean Hannity und Laura Ingraham ist Trump stets der erfolgreichste Präsident der Geschichte, Skandale in seiner Regierung gibt es nicht, und alle, die das anders sehen, sind Saboteure, Sozialisten, Feinde Amerikas.

Dazwischen aber, im Tagesprogramm von Fox, klingt das zunehmend auch mal anders. Dafür gibt es drei Gründe. Erstens beschäftigt der größte Kabelsender der USA besonders am Vorabend durchaus einige Journalisten, die ihre Arbeit nach journalistischen Kriterien angehen. Zu ihnen gehören Shepard Smith und Chris Wallace. Smith zog schon vergangenen Herbst den Zorn Trumps auf sich, als er nach tagelangen hysterischen Warnungen des Präsidenten vor einer "Karawane" von Migranten sagte: "Es gibt keine Invasion. Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung." Zweitens sitzen in den Studios von Fox zumindest tagsüber einige Kommentatoren, die sich über Trump kritisch äußern. Dazu gehört etwa Donna Brazile, die frühere interimistische Parteichefin der Demokraten.

Sarah Huckabee Sanders
:Trumps Ex-Sprecherin fängt bei seinem Lieblingssender an

Im Weißen Haus ging Sarah Huckabee Sanders öfter auf Konfrontationskurs mit den Medien. Nun wechselt sie in den Journalismus - zu Fox News. Ihre politische Agenda bleibt dieselbe.

Und dann ist da drittens die aktuelle Nachrichtenlage: Auch Fox kann den laufenden Wahlkampf der demokratischen Präsidentschaftskandidaten nicht einfach totschweigen. Das führt dazu, dass der Sender über Veranstaltungen der Bewerber berichtet und auch Diskussionsrunden mit ihnen abhält - Trumps Gegnern also eine gewisse Plattform bietet. Zugleich lassen die Verantwortlichen auch wieder öfter demokratische Strategen und Funktionäre zu Wort kommen. All dies sorgt bei Trump für Ärger. "Wir müssen uns nach einem neuen Nachrichtenkanal umsehen", twitterte er am vergangenen Mittwoch. "Fox arbeitet nicht mehr für uns!"

Es war nicht das erste Mal, dass der Präsident seinen Lieblingssender öffentlich kritisierte und dabei ein seltsames Medienverständnis zur Schau stellt. Der jüngste Ausbruch führte in anderen Medien zu aufgeregten Schlagzeilen: "Trump bricht mit Fox News", schrieb etwa das Online-Magazin Axios. Dass das wohl übertrieben ist, zeigte sich schon daran, dass Trump bereits einen Tag nach seiner Kritik der Radio-Sparte von Fox wieder ein Interview gab. Laut einer Zählung des linken Thinktanks Media Matters hat Trump 92 Prozent seiner Interviews Fox News oder dessen Ableger Fox Business gegeben. Zwischen dem Sender und dem Weißen Haus besteht zudem ein reger Personalaustausch. Gerade erst gab Fox die Verpflichtung von Trumps früherer Sprecherin Sarah Huckabee Sanders bekannt.

Tatsächlich will Trump wohl kaum den Bruch mit Fox, sondern noch mehr distanzlose und möglichst euphorische Berichterstattung. Davon haben bisher sowohl der Präsident wie auch Fox gut gelebt. Trump profitiert davon, dass der zum Medienimperium von Rupert Murdoch gehörende Sender ein großes Publikum erreicht, in fast 100 Millionen Haushalten ist er zu empfangen (wenn auch die tatsächlichen Zuschauerzahlen einiges geringer sind). Studien zeigen: Wer Fox schaut, ist tendenziell ein treuer Unterstützer des Präsidenten.

Umgekehrt hat Fox bereits vor vier Jahren erlebt, dass sich eine kritische Begleitung Trumps nicht unbedingt ausbezahlt. Vor der Präsidentschaftswahl 2016 beschäftigte der Sender noch eine Reihe von konservativen Kommentatoren, die sich laut gegen Trump stellten, und Fox hatte mit Megyn Kelly eine Moderatorin, die zum Ziel hässlicher Attacken durch Trump wurde. Der Aufstieg der Trump-freundlichen rechten Internetplattform Breitbart News war auch eine Folge dieser Umstände. Als sich Fox nach Trumps Wahl von dessen Kritikern trennte und sich uneingeschränkt hinter den Präsidenten stellte, büßte Breitbart an Reichweite und Bedeutung ein, dafür erreicht Fox nun mit seiner Website noch mehr Leute als zuvor.

Womöglich hat Trump diese Geschichte im Hinterkopf, wenn er nun den rechten TV-Sender One America News Network (OANN) als Alternative zu Fox bewirbt, wie er das seit einigen Wochen tut. Der 2013 gegründete Sender gehört dem kalifornischen Multimillionär Robert Herring und das Programm besteht zum Großteil aus Cheerleadertum für den Präsidenten. Kein Wunder, dass Trump daran Freude hat. Er weiß aber wohl auch, dass die Reichweite von OANN begrenzt ist. Zu Fox ist er keine Alternative. Aber vielleicht taugt er dazu, Trumps eigentlichen Haussender zu disziplinieren.

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