Topmodel-Gewinnerin Lena Gercke:Prinzessin der Worthülsen

Lena Gercke war 2006 die erste Gewinnerin von "Germany's Next Topmodel". Fünf Jahre später ist sie dem Format noch immer treu: ob als überforderte Backstage-Reporterin bei der aktuellen Finalshow - oder als loyale Show-Anwältin im Interview.

Johanna Bruckner

Offensichtlich ist Lena Gercke selbst überrascht, wenn sich mal wieder deutsche Fernsehkameras für sie interessieren. "Oh, wir sind schon live", erklärt die 23-jährige Topmodelgewinnerin aus der ersten Staffel überrumpelt, als sie am Donnerstagabend mal wieder vors Pro-Sieben-Mikrofon darf.

Leute-News: Lena Gercke

Lena Gercke, Topmodelgewinnerin der ersten Stunde aber keinesfalls ein Moderationsgenie.

(Foto: ddp)

Es ist das Finale von Germany's Next Topmodel und während im Fernsehen endlos lange Spots gezeigt werden, soll Gercke gemeinsam mit einer anderen Ex-Kandidatin auf ProSieben.de das Live-Stream-Publikum unterhalten. Sie ist das Pausenmodel im Netz - oder einfach nur der Pausenclown?

Bei den Backstage-Reporterinnen rumpelt es gewaltig: Lena und Louise, Gerckes Co-Moderatorin hinter den Kulissen, scheinen weder genau zu wissen, wo die Kamera steht - noch, was sie sagen sollen. Um das ständig drohende peinliche Schweigen zu füllen, werden die Sätze deshalb gerne künstlich gedehnt: "Wir sind wieder zurüüüüück", begrüßt Gercke die Zuschauer zur Werbepausen-Animation.

Dabei hält die Cloppenburgerin nicht zum ersten Mal ein Mikrofon in der Hand: Seit 2009 moderiert sie die österreichische Modelsuche Austria's Next Topmodel und verbucht damit für den Privatsender Puls 4, einer Pro-Sieben-Tochter, Zuschauerrekorde. Das regelmäßige TV-Engagement ist anerkennenswert - weil eigentlich für den Gewinner zahlreicher Castingformate gilt: Nach dem Sieg ist vor der Versenkung. Raabs Lenasuche ist da eine glorreiche Ausnahme.

Wem sie ihren Erfolg zu verdanken hat, weiß Gercke: Über den Sender (Pro Sieben), das Format (GNTM) und Familie Klum - kommt ihr einen Tag vor dem Finale bei dem Versuch eines Telefoninterviews kein schlechtes Wort über die Lippen.

Talent und Potential

Mit der viel zitierten Medienmaschinerie habe sie persönlich nie etwas zu tun gehabt: "Nach meinem Gewinn hat mich gerade auch die Künstleragentur Redseven super beraten", sagt Gercke - und bügelt im weiteren Gesprächsverlauf kritische Nachfragen konsequent ab. Nein, die Show sei keineswegs inszeniert, die Mädchen authentisch. Schuld an den Images einzelner Kandidatinnen seien die Medien, also alle Nicht-Pro-Sieben-Medien: Diese, so analysiert Gercke, "drücken dir einen Stempel auf - du bist die Zicke, du bist die Nette, du bist das Küken". Und die GNTM-Macher selbst tragen tatsächlich nichts zum Image bei? "Es geht um Talent, um Potential - und nichts anderes."

Während bei manchem Zuschauer der Eindruck entsteht, das traditionelle "Kochen mit Modelmama Heidi" diene mittlerweile vor allem dazu, den Vorwurf zu entkräften, die Sendung propagiere ein gefährliches Schönheitsideal, findet es die 23-Jährige einfach realistisch, wenn auf die Topmodel-Teller fernsehwirksam fettige Pizza kommt: "Wenn ich unterwegs bin, kommt es total oft vor, dass ich mir eine Pizza oder einen Burger auf die Hand hole."

Die Tatsache, dass die wenigsten TV-Models später als "Laufstegmädchen" arbeiten, wertet Gercke als Beweis für die Unbedenklichkeit des präsentierten Figurvorbilds: In der Show würden eben Mädchen gesucht, die "fit, gesund und schön" aussehen, "normale Mädchen mit normalem Körper und normalem Essverhalten". Dass das Bildschirmmaß an Fitness, Gesundheit und Schönheit für die meisten Teenagerinnen keineswegs normal ist, diese Realität verschweigt nicht nur der superschlanke Fernsehkosmos. Mag sein, dass es der Naivität einer jungen Frau geschuldet ist, die selbst nie Figurprobleme hatte, dass Gercke die mögliche Gefahr des vermittelten Schönheitsbildes nicht sieht.

Vielleicht war sie gedanklich schon bei der nahenden Finalshow und ihrer Live-Moderation. Das wäre zumindest verständlich - denn eine Sendung wie Germany's Next Topmoderator hätte Gercke bestimmt nicht gewonnen.

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