Toolbox, Werkzeugkasten - ein Name, der erst mal nicht passen will zur ehrwürdigen, 235 Jahre alten Neuen Zürcher Zeitung: zu flapsig, zu englisch. Deren Beilagen heißen sonst Selekt oder Folio oder Geschichte. Aber Toolbox sticht auch sonst heraus: die erste Jugendzeitung in der NZZ-Familie, und zwar gemacht von Jugendlichen. Gerade ist Ausgabe eins erschienen, 16 Seiten, junge Optik, drei weitere werden in den kommenden Monaten folgen.
Muss man das mutig nennen, im Jahr 2015, in einer Zeit, in der sich die Medienwelt ins Digitale katapultiert, ein Druckerzeugnis für 15- bis 19-Jährige zu starten? Ach, ganz und gar nicht, meint Redaktionsleiter Ronald Schenkel: "Mit einem rein digitalen Produkt wären wir in der gegenwärtigen digitalen Flut untergegangen." Eine Studie der Universität St. Gallen habe nämlich ergeben: Kurze Infos konsumieren Jugendliche am liebsten auf dem Handy, Hintergründiges aber gerne auf Papier, und zwar auf solchem, "das man gut kopieren kann". Also gibt es Toolbox gedruckt, im kopierfreundlichen Magazinformat (aber natürlich auch digital). Mit schweizer Gründlichkeit wurde Vorarbeit geleistet, in vielen Schülergesprächsrunden Themen ermittelt und Mitarbeiter ausgesucht. Neun 17- bis 19-Jährige haben die Geschichten ausgewählt, recherchiert, geschrieben, nach Schulung und Nachbearbeitung von Ronald Schenkel. Der 51-Jährige verantwortet auch die Hochschulbeilage Campus.
"Darauf wären wir Erwachsene nie gekommen"
Das Ergebnis? Lesenswerte Stücke um den Themenschwerpunkt "Big Data", darunter ein Whatsapp-Interview mit einem Netzelektrik-Azubi beim Kabelverlegen im Tunnel. "Darauf wären wir Erwachsene nie gekommen, weder auf das Thema noch auf die Form", sagt Schenkel. Knuffig eine Kolumne über die Schwierigkeit, Liebeserklärungen auf Schweizerdeutsch auszusprechen. So etwas ist aber die Ausnahme. "Wir machen keinen Lifestyle, keine emotionalisierten Themen", erklärt Schenkel. Man bleibt dem sachlich-analytischen Stil der NZZ treu. "Wir vereinfachen nicht, nur um ein Thema zugänglicher zu machen. Wir konfrontieren Leser auch mit komplexen Sachverhalten und Längen." Um aber dem Namen gerecht zu werden, verstehe man sich auch als Werkzeugkasten, der notwendige Informationen liefert fürs Mitreden in Sachen Politik, Wirtschaft, Gesellschaft. Die Zielgruppe ist klar: gebildete Schichten, Kinder von NZZ-Abonnenten eben. In Deutschland hat man Sonderseiten wie "Jugend schreibt" oder "Zeitung in der Schule", Schenkel nennt sie Vorbilder, in der Schweiz gebe es bisher kein wirkliches Angebot für die Zielgruppe.
Auf Werbung wird verzichtet. "Wir arbeiten mit Gymnasien zusammen" sagt Schenkel, "da sind werbefinanzierte Produkte nicht gern gesehen." Dafür kooperiert die Redaktion mit der Stiftung des Zürcher Bankenverbands, die deckt das Budget der ersten vier Ausgaben. Anders wäre das Projekt nicht zu stemmen, auch in der Schweiz herrschen Printmedienkrise und klamme Redaktionsetats. Gefährdet das nicht die Unabhängigkeit? "Natürlich hatten wir Bedenken", sagt Schenkel, "jede Medienkooperation wirft unangenehme Fragen auf." Aber wenn man die Wahl habe zwischen nicht machen oder es mit Fremdfinanzierung versuchen, versuche man es eben: "Wir haben uns alle Freiheiten ausgehandelt, jetzt warten wir ab, wie dieses Jahr läuft."