Süddeutsche Zeitung

Tondokumente:So, wie es war

Vor zwei Jahren waren in der Sendung "Die Quellen sprechen" des Bayerischen Rundfunks Holocaust-Überlebende zu hören. In der zweiten Staffel fängt der BR nun auch die Reaktionen ein, das Echo gewissermaßen.

Von Stefan Fischer

Holocaust-Überlebende, die ihre Lebensgeschichte erzählen - manche von ihnen erstmals öffentlich; Holocaust-Überlebende, die aus Zeitungsberichten, Verordnungen, Briefen und Tagebuchnotizen lesen, welche über die Ermordung der europäischen Juden Aufschluss geben - das ist einzigartig in der schieren Zahl der Tondokumente, die der Bayerische Rundfunk in seiner Höredition Die Quellen sprechen präsentiert. Eine erste Staffel war vor zwei Jahren zu hören; allein der Umstand, dass die Quellen zum Sprechen gebracht wurden, ist beeindruckend - und aus wie vielen Perspektiven auf diese Verbrechen geblickt wird. Nun, zur Ausstrahlung der zweiten Staffel, kommt etwas hinzu: ein Echo.

Zeitzeugen melden sich von sich aus; Historiker, die nicht an dem Projekt beteiligt sind, schalten sich in die Diskurse ein, darunter Dan Michman, Forschungsleiter der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Über die im Vergleich zu den Sendungen noch materialreichere Website die-quellen-sprechen.de beginnt eine Vernetzung mit Gedenkstätten, jüdischen Museen und politischen Bildungseinrichtungen. "Dadurch dringt das Projekt hinaus aus der reinen Historiker-Welt", sagt Susanne Heim. Sie ist Mitherausgeberin der Edition Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945 des Oldenbourg-Verlags in Zusammenarbeit mit dem Institut für Zeitgeschichte. Acht der 16 geplanten Bände sind inzwischen erschienen. Der BR lässt in seiner Höredition einen Teil dieser Dokumente lesen, in der zweiten Staffel von den Schauspielern Wiebke Puls und Matthias Brandt - und eben von Holocaust-Überlebenden (Regie: Ulrich Lampen).

Herbert Kapfer, Hörspielchef des BR, strebt an, dass die Ton- und Textdokumente als Unterrichtsmaterial in Schulen verwendet werden: "Die Vergessens- und Verleugnungsfreude ist in den letzten Jahren gestiegen". Die Quellen sprechen setzt dem Impuls des Vom-Tisch-Wischens ("Das war doch alles nicht so schlimm") eine Fülle von Belegen entgegen, die für sich und vor allem in ihrer Gesamtheit eine andere Sprache sprechen.

Die Quellen sprechen. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945. Sendungen der zweiten Staffel auf Bayern 2 (vier Teile): Diskurs und Zeitzeugen, freitags, 21.03 Uhr. Die Quellen sprechen, samstags, 15.05 Uhr. Website: www.die-quellen-sprechen.de

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SZ vom 07.05.2015
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